Widerstand in Brüssel gegen Formulierung «Balkanroute geschlossen»

Unmittelbar vor dem EU-Flüchtlingsgipfel gibt es Widerstand gegen einen Satz in der Schlusserklärung. So wollen etwa die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker offenbar nicht, dass die Balkanroute für geschlossen erklärt wird.

Der türkische Regierungschef Davutoglu (Rechts) und sein griechischer Kollege, Tspiras, treffen zum EU-Türkei-Gipfel in Brüssel ein. (Bild: sda)

Unmittelbar vor dem EU-Flüchtlingsgipfel gibt es Widerstand gegen einen Satz in der Schlusserklärung. So wollen etwa die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker offenbar nicht, dass die Balkanroute für geschlossen erklärt wird.

Dies verlautete am Montag aus Diplomatenkreisen. Im Entwurf für die Gipfelerklärung steht, dass «irreguläre Flüchtlingsströme über den Westbalkan zu einem Ende kommen; dieser Weg ist nun geschlossen».

Dieser Satz ist im Kreis der 28 EU-Staaten jedoch umstritten, weil er so interpretiert werden kann, dass dies alle Flüchtlinge betrifft. Tatsächlich aber können etwa syrische Bürgerkriegsflüchtlinge weiter von der Türkei über Griechenland und die Balkanstaaten nach Norden reisen, allerdings in eingeschränkter Zahl.

Auch EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sprach sich gegen eine komplette Abschottung der Balkanroute aus: «Ich glaube nicht, dass das ein Gipfel ist, bei dem Türen geschlossen werden», sagte er vor Gipfel-Beginn. «Ich hoffe, dass wir vernünftige und humanitäre Lösungen finden, Flüchtlingen zu helfen, die unseres Schutzes dringend bedürfen.»

Österreich unbeirrt

Der österreichische Aussenminister Sebastian Kurz hatte zuvor die Schliessung der Balkanroute verteidigt. Staaten wie Österreich, Deutschland oder Schweden könnten nicht alle Menschen aufnehmen, die hierher kommen wollen, sagte der ÖVP-Politiker in der ARD-Sendung «Anne Will».

Zu den Flüchtlingen an der mazedonischen Grenze sagte er, sie könnten Schutz auch im EU-Staat Griechenland suchen. Griechenland habe pro Kopf gerechnet weit weniger Flüchtlinge im Land als etwa Österreich und könne zudem bald mit massiver EU-Unterstützung rechnen.

Athen will solidarische Lösung

Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras appellierte einmal mehr an die Solidarität der übrigen EU-Staaten. «Das ist nicht das Problem eines einzelnen Landes, sondern ein europäisches Problem», sagte er vor dem Gipfel-Treffen. Er forderte erneut, dass Flüchtlinge innerhalb Europas schneller verteilt werden.

Bislang sind nach Angaben der EU-Kommission erst rund 870 von 160’000 Flüchtlingen aus Griechenland und Italien auf andere EU-Staaten verteilt worden.

In Griechenland befinden sich mittlerweile Zehntausende Flüchtlinge und Migranten, die Situation ist prekär. Ein grosser Teil von ihnen hält sich an der griechisch-mazedonischen Grenze nahe des Grenzortes Idomeni auf und hofft auf eine Weiterreise in Richtung Westeuropa. Mazedonien liess zuletzt kaum noch Flüchtlinge aus Griechenland passieren.

Davutoglu: Türkei will EU beitreten

Vor dem EU-Gipfel am Nachmittag beraten die 28 EU-Staats- und Regierungschefs mit der Türkei darüber, wie der Flüchtlingsstrom aus der Türkei Richtung Europa gestoppt werden soll.

Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu zeigte sich vor dem Treffen optimistisch, dass die EU und die Türkei die Flüchtlingskrise in den Griff bekommen. «Die Türkei ist bereit, mit der EU zusammenzuarbeiten und auch Mitglied der EU zu werden», sagte Davutoglu.

Bereits zum zweiten Mal innerhalb von drei Monaten sei er für einen EU-Türkei-Gipfel nach Brüssel gereist, sagte er weiter. «Dieser Gipfel zeigt, wie wichtig die Türkei für die EU und Europa für die Türkei ist.»

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