Die energiepolitischen Diskussionen sind mit dem Ja zum Energiegesetz nicht zu Ende. Das Parlament befasst sich bereits mit weiteren Hilfsmassnahmen für die Wasserkraft und möglichen Marktmodellen für die Zukunft.
Chancenlos ist der Vorschlag des Bundesrates für eine zweite Etappe der Energiestrategie: Der Nationalrat hat sich bereits dagegen ausgesprochen, das Nein des Ständerats in der Sommersession gilt als Formsache.
Der Bundesrat wollte das System zur Förderung erneuerbarer Energien ab 2021 durch ein Lenkungssystem ablösen, das Klima- und Energielenkungssystem. Ein neuer Verfassungsartikel hätte es dem Bund ermöglicht, Klimaabgaben auf Brenn- und Treibstoffen sowie eine Stromabgabe zu erheben. Zumindest in einer ersten Phase wollte der Bundesrat aber auf Treibstoffen keine Abgabe erheben. Der Vorschlag fand dennoch keine Unterstützung.
Ablehnung von links bis rechts
Die rechtsbürgerliche Seite favorisierte zwar einst Lenkungsabgaben gegenüber der Förderung, lehnt solche im aktuellen Marktumfeld nun aber ab. Die linksgrüne Seite befürwortet Lenkungsabgaben zwar grundsätzlich, hält aber einen neuen Verfassungsartikel für unnötig, zumal eine Stromabgabe beim derzeitigen europäischen Stromüberschuss wenig sinnvoll erscheint.
Eine «Klimalenkungsabgabe» wiederum hat die Schweiz mit der CO2-Abgabe bereits heute. Diese will der Bundesrat mit der geplanten Revision des CO2-Gesetzes erhöhen: Der maximale Abgabesatz soll von heute 120 auf 240 Franken verdoppelt werden.
Feilschen um CO2-Reduktion
Die Gesetzesrevision, die der Bundesrat im laufenden Jahr verabschieden dürfte, ist auch als zweites Massnahmenpaket zur Energiestrategie zu betrachten. Das Ziel ist es, den CO2-Ausstoss bis 2030 gegenüber 1990 um 50 Prozent zu senken. Umstritten ist vor allem, welcher Anteil mit Massnahmen im Inland erreicht werden muss.
Für Diskussionen sorgen zudem die Heizungen: Für den Fall, dass die CO2-Emissionen nicht genügend zurück gehen, will der Bundesrat fossile Heizungen ab 2029 verbieten können. Umstritten ist ferner, dass auf Benzin und Diesel weiterhin keine Abgabe vorgesehen ist.
Hilfe für die Wasserkraft
Ebenfalls Teil der Energiestrategie ist das Gesetz über den Um- und Ausbau der Stromnetze, das bereits in der parlamentarischen Beratung ist. Es enthält beispielsweise eine Klausel, wonach Stromversorger Investitionen in Effizienzmassnahmen auf die Kunden abwälzen dürfen.
Der Nationalrat befasst sich in der kommenden Sommeression mit der Vorlage. Seine vorberatende Kommission schlägt nun vor, in diesem Rahmen weitere Massnahmen zur Stützung der Wasserkraft zu beschliessen: Verbraucher in der Grundversorgung sollen nur noch Strom aus Wasserkraft erhalten. Für die Wasserkraft wäre das eine faktische Abnahmegarantie, finanziert von den Haushalten und den KMU.
Stromkonzerne in Schwierigkeiten
Die finanziellen Schwierigkeiten der Stromkonzerne betreffen aber nicht nur die Wasserkraftwerke, sondern auch die AKW. Bereits wurde die Forderung nach einer Task-Force gegen ein «Stromgrounding» laut. Manche Unternehmen fordern eine CO2-Abgabe auf «Dreckstrom», die den Atomstrom rentabler machen soll.
Zur Debatte stehen ferner Kapazitätsmärkte: Kraftwerkbetreiber sollen dafür entschädigt werden, dass sie Kapazitäten bereithalten statt den Strom zu den höchstmöglichen Preisen zu verkaufen. Für die Grundversorgung würde eine Konzession vergeben, um die sich die Stromkonzerne bewerben könnten. Darin würde auch der Strommix festgelegt. Die Gespräche über ein solches Marktdesign sind in den Energiekommissionen in Gang.
Ziele festlegen
Das Bundesamt für Energie hatte zu möglichen Modellen einen Bericht erstellt. Darin betont es, die Politik müsse vor allem entscheiden, was das Ziel sei – ob es primär um die Förderung erneuerbarer Energien oder die Unterstützung bestehender Kraftwerke gehe. Auch warnt es vor der Verletzung internationalen Rechts, wenn ausländische Produzenten benachteiligt werden.
Wie die Zukunft der Stromversorgung in der Schweiz aussieht, hängt schliesslich auch davon ab, ob das Stromabkommen mit der EU zustande kommt. Dieses ist bereit zur Unterschrift, liegt aber wegen der Differenzen in den bilateralen Beziehungen auf Eis.