Wieso funktioniert der Dollar, aber nicht der Euro?

Jeder scheint heute ein Experte zu sein und zu wissen, dass der Euro nicht funktionieren kann – denn eine solche Währungsunion ist von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Oder? Falsch! Der Dollar beweist das Gegenteil, schreibt Simon Fankhauser, Vorstandsmitglied im Jungen Grünen Bündnis Nordwest. Jeder scheint heute ein Experte zu sein und zu wissen, dass […]

Jeder scheint heute ein Experte zu sein und zu wissen, dass der Euro nicht funktionieren kann – denn eine solche Währungsunion ist von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Oder? Falsch! Der Dollar beweist das Gegenteil, schreibt Simon Fankhauser, Vorstandsmitglied im Jungen Grünen Bündnis Nordwest.

Jeder scheint heute ein Experte zu sein und zu wissen, dass der Euro nicht funktionieren kann. Sonnenklar scheint es, dass eine Einheitswährung Wirtschaftsregionen wie Deutschland und Griechenland nicht vereinen kann. Zu gross ist die Diskrepanz der Wirtschaftsstärken. Deutschlands Wirtschaft prosperiert trotz Krise, Griechenlands stottert auch während einer Hochkonjunktur.

Die selbsternannten Experten wissen, dass sich eine Währung bei schlechtem Wirtschaftsgang abwertet. Das stimmt, denn es wird weniger in dieses Land investiert, die Währung ist weniger gefragt, und Angebot und Nachfrage bestimmen bekanntlich die Währungskurse. Durch die schwache Währung kann günstiger exportiert und, nicht unerheblich, der Tourismus angekurbelt werden. Die Wirtschaft erholt sich, die Währung auch, ganz nach Adam Smith’s unsichtbarer Hand.

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Eine solche Währungsunion ist also von Anfang an zum Scheitern verurteilt? Falsch!

Der Dollar beweist das Gegenteil. Auch er umfasst Wirtschaftsregionen mit dem Niveau von Griechenland und solchen mit einem besseren wie Deutschland. Trotzdem ist er seit 1944 und Bretton Woods die unangefochtene Hauptwährung (zumindest noch). Auch brummt die US-Wirtschaft deutlich lauter als es die europäische tut. Ja, die Krise scheint im Vergleich zu Europa schon ausgestanden. Die Federal Reserve (FED) erhöht voraussichtlich noch dieses Jahr den Leitzins.

Drei essenzielle Differenzen addiert machen den Unterschied.

  • Erstens wird in den USA den Arbeitsplätzen viel reger hinterhergezogen. In der EU erschweren trotz Personenfreizügigkeit Unterschiede in Kulturen, Sozialsysteme und vor allem Sprache dieses Unterfangen. Regionale Arbeitslosigkeit entsteht.
  • Zweitens dürfen die US-Bundesstaaten nur Schulden für Infrastrukturprojekte aufnehmen. Nicht so Griechenland (und viele andere Nationen). Griechenland wird sogar faktisch gezwungen, neue Schulden zu machen, um nicht insolvent zu werden. Dafür werden ihnen wirtschaftsschwächende, und die Souveränität einschneidende Reformen, aufgezwungen. Das BIP sinkt, die Schulden im Verhältnis steigen, der Teufelskreis dreht sich und wird in einem, sei es freiwillig oder unfreiwillig, Schuldenschnitt kulminieren.
  • Zum Schluss und drittens das Wichtigste: Der grosse Teil der Steuern geht nach Washington an die Zentralregierung und wird von dort umverteilt. Ähnlich wie wir es hier vom Finanzausgleich kennen. Eine solche Umlagerung kennt man in der EU praktisch nicht.

Die Probleme sind also nicht die wirtschaftlichen Defizite Griechenlands, nicht die Währung an sich. Problematisch sind die Strukturen, in denen ein Euro geschaffen wurde.

Nun gilt es, den Tatsachen ins Auge zu blicken, die Fehler der Vergangenheit nicht zu verschleppen, sondern diese zu beseitigen. Die Schulden, auch jene von den reichen Ländern, müssen bis auf ein tragbares Niveau gestrichen werden. Weiter müssen die reichen Länder die armen Staaten finanziell unterstützen, nur so wird eine Einheitswährung funktionieren. Damit sich eine solche Situation nicht wiederholt, muss ausserdem eine Schuldenobergrenze festgelegt und eingehalten werden.

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Simon Fankhauser ist Vorstandsmitglied im Jungen Grünen Bündnis Nordwest und Kaufmann.

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