Die Migros Basel zieht sich aus dem defizitären Deutschland-Geschäft zurück. Sie verkauft ihre vier Filialen ennet der Grenze dem deutschen Detailhandelskonzern Rewe. Das Deutschland-Team der Migros trifft der Entscheid «mit voller Wucht».
Die Migros zieht sich aus Deutschland zurück. Ihre Expansion nach Deutschland startete die Migros Basel vor bald 18 Jahren in Lörrach bei Basel. Dieser ersten Filiale auf deutschem Boden folgten fünf Neueröffnungen und zwei Schliessungen. Die noch verbliebenen Ableger in Lörrach, Freiburg, Ludwigsburg und Ludwigshafen werden nun per 1. Oktober von Rewe übernommen, wie die Migros Basel am Dienstag bekannt gab.
Neben diesen vier Supermärkten führt Rewe auch die Hausbäckereien in Lörrach und Freiburg weiter. Die Gourmessa in Lörrach und der Take-away in Freiburg werden dagegen geschlossen. Rewe übernimmt von Migros 220 von 295 Angestellten, was in etwa 75 Prozent entspricht. Für die übrigen wird gemäss der Mitteilung nach einer sozialverträglichen Lösung gesucht. Zudem wird ein Sozialplan ausgearbeitet.
«Einsatz und Herzblut» reichten nicht
Wie viel Rewe für die vier Migros-Filialen bezahlt, ist nicht bekannt. Über den Kaufpreis sei Stillschweigen vereinbart worden, heisst es in der Mitteilung. Aus Sicht der Migros Basel wurde mit dem Verkauf an Rewe, der noch vom deutschen Kartellamt abgesegnet werden muss, für die Belegschaft die beste Lösung gefunden.
Dem Verkaufsentscheid gingen gemäss der Mitteilung «intensive strategische Überlegungen voraus». Das Deutschland-Geschäft, in das mit einem 49-Prozent-Anteil auch der Migros-Genossenschafts-Bund eingestiegen war, stand bei der Migros Basel seit einiger Zeit auf dem Prüfstand, weil es nie aus den roten Zahlen gekommen war.
Einen Rückzug aus Deutschland hatte die Migros Basel schon vor Jahresfrist als letzte Konsequenz ins Auge gefasst. Ein letzter Rettungsversuch wurde mit einem vollständig neuen Kader gestartet, dem seit September 2012 ausschliesslich deutsche Detailhandels-Profis angehören. Der Geschäftsführer der Migros Deutschland GmbH schreibt dazu in einem Abschiedsbrief an die Kunden: Kader und Mitarbeiter hätten «mit viel Einsatz und Herzblut in den letzten 18 Monaten an der Realisierung der Weiterführung und des Fortbestandes der Migros Deutschland gearbeitet. Je nach Standpunkt muss man sagen, war man zu spät, oder man hatte zu wenig Zeit zur Verfügung, das komplette Schiff wieder zurück ins Fahrwasser zu bekommen.»
Das Ergebnis der Migros Deutschland sei 2012 (40 Prozent) und 2013 (30 Prozent) verbessert worden, aber es habe «den Entscheidern nicht gereicht, einer Weiterführung zuzustimmen». Die «Härte der Entscheidung» und vor allem die Schnelligkeit der Umsetzung trifft das Migros Deutschland Team «mit voller Wucht», so der Geschäftsführer weiter. Nun gelte es aber Abschied zu nehmen: «Wir wollen uns in den kommenden Monaten aufrecht und mit Würde […] verabschieden.»
Erwartungen nicht erfüllt
Schlecht gelaufen seien die Filialen in Ludwigsburg und Ludwigshafen, sagte ein Sprecher der Migros Basel auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Dort sei die Marke «Migros» zu wenig bekannt. In Lörrach und Freiburg habe man dagegen immer ein positives Betriebsergebnis verbucht. 2012 erzielte die Migros Basel in Deutschland einen Umsatz von rund 50 Millionen Euro.
Insgesamt habe sich das Deutschland-Geschäft nicht so entwickelt, wie man sich das vorgestellt habe, sagte der Sprecher weiter. In die schwarzen Zahlen wäre man in Deutschland wohl nie gekommen. Ein Punkt für den Verkauf des Geschäftes dürften auch die anstehenden Investitionen gewesen sein: In den Filialen Lörrach und Freiburg seien Investitionen «in zweistelliger Millionenhöhe» angestanden. Angesichts der offenen Strategie und des bisher offensichtlich nicht zufriedenstellenden Ergebnisses war man zu den Investitionen nicht bereit. Diese Schlussfolgerung macht auch der Geschäftsführer in seinem Abschiedsbrief. Wie der Migros-Basel-Sprecher mitteilte, müsse der Detaillist aber aus dem Deutschland-Geschäft keine Millionenverluste verkraften.
Mit ihrer Expansion über die Landesgrenze wollte die Migros Basel 1995 unter anderem dem Kaufkraftabfluss ins nahe Ausland entgegenwirken. Die Rede war einst von bis zu 20 Läden ennet der Grenze. Der oberste Migros-Chef Herbert Bolliger hatte die Deutschland-Strategie schon im März in einem Interview mit der «Bilanz» für gescheitert erklärt.
Die Migros hat nicht nur von Basel aus versucht, im Ausland Fuss zu fassen. Zu einem Verlust in dreistelliger Millionenhöhe führte in den 1990-er Jahren die Expansion nach Österreich. Anfang 2013 übernahm die Migros Zürich die deutsche Supermarktkette Tegut.