Ein Meteoriten-Einschlag, eine unterirdische Explosion oder gar Spuren von Ausserirdischen? In Sibirien rund 2000 Kilometer nordöstlich von Moskau sorgt ein gewaltiger Krater für Aufregung.
Der unlängst in Sibirien entdeckte Riesenkrater gibt weiter Rätsel auf. Nun untersuchte eine Gruppe von Wissenschaftlern das Loch am «Ende der Welt», wie die Halbinsel Jamal in der Sprache der Einheimischen heisst.
«Die Grösse des Kraters ist enorm, man könnte da mit einigen Hubschraubern reinfliegen, ohne Angst zu haben, gegen die Wände zu prallen», schreibt «Bulka», der ein Video angefertigt hatte. Der Krater liegt im Permafrost rund 30 Kilometer entfernt von einem riesigen Gasfeld nördlich der Gebietshauptstadt Salechard.
Erste Theorien, wonach der Krater von einem Meteoriten stammen könnte, wurden von Wissenschaftlern zurückgewiesen. «Das hält keiner Kritik stand», zitiert die Nachrichtenagentur Interfax den stellvertretenden Direktor des Instituts für Öl- und Gasforschung an der russischen Akademie der Wissenschaften, Wasili Bogojawlenski.
Aufgetauter Permafrost
Er vermutet, dass unterirdisches Eis im Permafrost getaut ist und dadurch Gas freigesetzt wurde, das dann unter hohem Druck durch die Oberfläche brach. «Irgendwann fand eine Explosion ohne jegliche Flamme statt», sagt Bogojawlenski.
Regionalgouverneur Dmitri Kobylkin schickte eine Gruppe Wissenschaftler in die Tundra, um das mysteriöse Phänomen zu untersuchen. Zu ihnen gehörte auch Marina Leibman vom Kryosphären-Institut, das den Dauerfrostboden der Erde erforscht. Sie erklärte nach «gründlicher Suche», dass es «keine Spuren von Menschen oder Maschinen» gebe.
Von einem Meteoriten könne der Krater nicht stammen, da er am Rand keine Brandspuren aufweise, sagte auch die Forscherin: «Er entstand höchstwahrscheinlich, als der Druck in einen Hohlraum mit Sumpfgas (Methan) anstieg und eine Explosion auslöste.» Bisher sei dies jedoch lediglich die plausibelste Hypothese: «Beweise gibt es nicht.»
60 Meter Durchmesser
Nach Angaben von Andrej Plechanow vom Wissenschaftlichen Zentrum für Arktisstudien hat der Krater am äusseren Rand einen Durchmesser von 60 Metern. «Um aber die Tiefe präzise zu messen, braucht man Spezialisten mit schwerer Bergsteigerausrüstung», sagt er. «Es ist lebensgefährlich, nah heran zu gehen, weil der Rand ständig nachgibt.»
Aus dem sibirischen Gebiet kommen mehr als 80 Prozent des von Russland geförderten Erdgases. Hinweise auf erhöhte Radioaktivität fanden die Forscher nicht. Bei weiteren Untersuchungen wollen sie nach Angaben örtlicher Behörden nun auch der Frage nachgehen, ob der Krater von einer Schiefergas-Explosion stammen könnte.
Laut Interfax untersuchten die Forscher inzwischen auch einen zweiten, kleineren Krater mit einem Durchmesser von rund 15 Metern – Rentier-Hirten waren darauf gestossen.