Wochenausgabe, 17. Oktober: Die Kulturpreis-Inflation

Kaum ein Tag, ohne Einladung zu einer Preisverleihung. Allein Basel werden im November innert einer Woche der Kulturpreis der Stadt, der Pop-Preis der Region und der Buchpreis der Schweiz vergeben. Selbst Profis haben den Überblick verloren. Wie viele Preise sind zu viel? Kennen Sie den Namen des diesjäh­rigen Literaturnobelpreis-Trägers? Er wurde vor ein paar Tagen […]

Kaum ein Tag, ohne Einladung zu einer Preisverleihung. Allein Basel werden im November innert einer Woche der Kulturpreis der Stadt, der Pop-Preis der Region und der Buchpreis der Schweiz vergeben. Selbst Profis haben den Überblick verloren. Wie viele Preise sind zu viel?

Kennen Sie den Namen des diesjäh­rigen Literaturnobelpreis-Trägers? Er wurde vor ein paar Tagen gekürt. Ich konnte mich spontan gerade noch an den Nachnamen erinnern: Modiano. Patrick Mo­diano.

Unserer Vergesslichkeit wegen brauchen wir uns nicht zu schämen. Selbst Experten tun sich schwer mit der Orientierung. Zirka tausend Literaturpreise werden allein im deutsch­sprachigen Raum verliehen. Wer kann da noch den Überblick behalten?

Selbst Profis wissen die genaue Zahl an Kulturpreisen nicht.

Doch von der «Gefahr einer Kulturpreis-Infla­tion», wie es Philippe Bischof, Leiter der ­Abteilung Kultur Basel-Stadt, auf den Punkt bringt, ist nicht nur die Literatur betroffen. Allein Basel werden im November innert einer Woche der Kulturpreis der Stadt, der Pop-Preis der Region und der Buchpreis der Schweiz vergeben.

Es gibt hierzulande zig Kunstpreise und Dutzende Film- und Musikpreise, die genaue Zahl kennen nicht einmal die Profis. Sicher aber ist: Die Zahl der Ehrungen ist in den letzten Jahren gestiegen, und auch die Preissummen zeigen nach oben.

Unter Kulturminister Alain Berset mischt neu auch der Bund kräftig mit. Und er klotzt mit Geld. ­Allein seine Nominationen – etwa beim erstmals verliehenen Grand Prix der Musik – sind höher dotiert als jeder Preis, der in ­Basel verliehen wird. 

Konkurrenz vom Bund

Zum Teil konkurrenziert der Bund mit seinen eigenen Preisen auch andere nationale ­Ehrungen. So vergibt zum Beispiel das Bundesamt für Kultur seit 2012 Schweizer Literatur­preise – obwohl es schon seit Längerem den ­renommierten Schweizer Buchpreis gibt, der ­jedes Jahr im Rahmen des Festivals Buch­Basel verliehen wird. 

Eine denkwürdige Entwicklung. Werden Jahr für Jahr zu viele Preise in denselben Sparten verliehen, schwindet deren Bedeutung rasch. Ganz abgesehen davon, dass es in unserem Land gar nicht so viele Künstlerinnen und Künstler gibt, die man jährlich ehren könnte.

> Lesen Sie dazu die Analysen von Marc Krebs und Valentin Kimsted.

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Weitere Themen in der Ausgabe 41/2014:

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Die Debatte um Ebola verstärkt das Bild vom «gefährlichen Asylanten» – schliesslich grassiert das Virus hauptsächlich in Afrika. Eine Tendenz, die auch Folgen im Alltag haben könnte.

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Nach den letzten Abstimmungen ist klar geworden: Basel soll nicht wachsen. Vielleicht auch, weil die Planer es verpassen, die Einwohner mit guten Argumenten zu überzeugen. Ein Kommentar von Christoph Meury

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Ob eine Strasse zur Tempo-20-Zone umgebaut wird, können Anwohner mitentscheiden. Nicht allen passt das.

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Die St. Jakobshalle bietet ab 2018 mehr Platz, für die Swiss Indoors hat die Sanierung aber ganz andere Auswirkungen.

Bloggen – voll 1999!
Der Wahnwitz der Paris Fashion Week. Oder wie die Welt auf Blogs kam.  

Lesen Sie mehr in der Wochenausgabe vom 17. Oktober – auf Papier oder in der App der TagesWoche.

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