Wochenendlich im Garten Garzoni

Wer kennt das nicht: Man ist auf Reisen im Süden, will in diesem Fall mit der Tochter den Pinocchio-Park anschauen – und steht vor geschlossenen Türen. Zum Glück ist der wunderschöne Garten vis-à-vis offen.

Die Villa der Familie Garzoni. (Bild: Nils Fisch)

Wer kennt das nicht: Man ist auf Reisen im Süden, will in diesem Fall mit der Tochter den Pinocchio-Park anschauen – und steht vor geschlossenen Türen. Zum Glück ist der wunderschöne Garten vis-à-vis offen.

Eigentlich wollte ich mit Frau und Tochter nach Lucca zum zweitgrössten Antiquitätenmarkt der Toskana. Die Vorfreude war gross, die Enttäuschung riesig. Der Event wurde offenbar ein Wochenende vorverlegt – warum weiss kein Mensch.

Wir schlendern trotzdem eine Weile durch dieses wunderschöne Städtchen zwischen Pisa und Florenz. Nach einem Cappuccino und einem kleinen Happen beschliessen wir, nach Collodi weiterzufahren. Das Städtchen zehrt vom Ruhm des Schriftstellers Carlo Collodi (1826–1890), der hier aufwuchs und mit «Pinocchio» eine weltberühmte Kindergeschichte schuf. Daran erinnert heute der Pinocchio-Park. Ein tolles Programm für das Kind, finden wir. Doch die Anlage ist derzeit wegen Renovationsarbeiten geschlossen. Ein Klassiker.

Auf der anderen Strassenseite gibt es dafür einen der schönsten und prunkvollsten Gärten der Toskana zu bestaunen – und der hat tatsächlich geöffnet. Angelegt wurde der Garten an einem Steilhang unterhalb der 1652 gebauten Villa der Familie Garzoni. Er besteht aus mehreren Terrassen und hat allerhand zu bieten. Erste Station ist das neue Schmetterlingshaus. Dort beschleicht einen bald das Gefühl, dass mehr Geld in die Broschüre als in die Hütte gesteckt wurde. Keine 15 lebenden Schmetterlinge können wir entdecken. Die restlichen Hundert fanden wohl klimatisch suboptimale Bedingungen vor, denn man hat hier versucht, einen Tropenwald und eine Kakteenwüste unter ein Dach zu bringen.

Mit Smartphones ins Barockzeitalter

Wieder draussen, werden wir hingegen belohnt: Blumen in allen Farben. Wasserfälle und Wasser speiende Statuen an jeder Ecke. Nachdem der erste Aufstieg geschafft ist, traut man seinen Augen kaum (auf jeden Fall ging es unserer Tochter so): in den Fels gehauene Grotten mit Wunschbrunnen, seltenste Vogelarten und ein Pfauenpaar. Ein antikes Kindertheater gibt es auch, vorgeführt wird aber schon lange nichts mehr.

Auf der nächst höheren Ebene finden wir den grosszügig gestalteten Lustgarten. Hätten wir nicht Smartphones in den Händen, um Fotos zu schiessen, man könnte meinen, wir seien ins pompöse Barock-Zeitalter versetzt worden.

Die beste Pizzeria aller Zeiten

Wir würden gern noch ein wenig länger an diesem Ort verweilen, aber das Kind will weiter zum Labyrinth. Dort beschleicht uns die Angst, dass plötzlich hinter einem Gebüsch ein Skelett im Gärtnerkostüm auftauchen könnte, denn es sieht aus, als wäre dort seit mindestens zwei Jahrzehnten nichts mehr gepflegt worden. Spass haben wir aber alleweil, und unsere Gedanken wandern bald woanders hin, als wir abschliessend durch einen gigantischen Bambuswald den Abstieg antreten.

Beim Ausgang besorgen wir die obligaten Mitbringsel für Nichten, Neffen und Patenkinder – Pinocchio-Merchandising, bis die Nase wächst – und freuen uns bei einem Glas Prosecco (und Fruchtsaft) unseres Lebens. Nach dieser Bergtour spüren wir natürlich alle grossen Kohldampf und machen uns langsam auf den Rückweg. Dieser führt an Colle di Buggiano vorbei. Ein kleines Dorf in den Hügeln, oberhalb von Borgo a Buggiano. Autofrei ist der Ort, mit der romantischen Piazza vor der Dorfkirche, und er beherbergt meiner Meinung nach die beste Pizzeria aller Zeiten. Schon im Juni muss man ein, zwei Tage im Voraus einen Tisch reservieren, denn die Trattoria Antico Colle ist immer gerammelt voll. Und serviert wird nur, was auf der Speisekarte steht. Spezialwünsche oder Änderungen gibt es nicht. Die sind aber auch nicht nötig, denn es ist einfach jedes Mal himmlisch.

  • Anschauen: Der Giardino Garzoni ist täglich von 8.30 Uhr bis Sonnenuntergang geöffnet.  
  • Anreisen: Mit dem Auto (7 Stunden) oder dem Zug (10 Stunden). Natürlich empfiehlt es sich, nicht bloss übers Wochenende in die Toskana zu reisen, sondern den Besuch von Collodi mit Ferien zu verknüpfen.
  • Anbeissen: In der Trattoria Antico Colle (täglich geöffnet, ausser donnerstags) in Colle di Buggiano kann man unheimlich gute Pizzas essen.

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