Wochenendlich im Schwarzwald

Weder Kultur noch Wellness – einfach Schwarzwald. Der Haldenhof genügt sich selbst und den Gästen.

Haldenhof im Nebel. (Bild: Urs Buess)

Weder Kultur noch Wellness – einfach Schwarzwald. Der Haldenhof genügt sich selbst und den Gästen.

In weiten Kurven steigt die Strasse aus dem Kleinen Wiesental hoch, und dort, wo sich Auto-, Töff- und Velofahrer entscheiden müssen, ob sie nun hinunterfahren wollen ins Münstertal oder nach Badenweiler, liegt versonnen im Mittagslicht der Berggasthof Haldenhof. Das Mobiliar in der Gartenbeiz ist zeitlos, die ankommenden Wanderer sind hungrig, und die Sonne vergoldet den Weissburgunder. Wir sitzen etwas lang bei diesem Tropfen, das Mittags-Plättchen ist üppiger angerichtet als erwartet. Als die innere Pflicht zum Aufbruch auf den nahen Belchen ruft, braut sich im Westen Unheil zusammen. Die nasse Front naht schnell, auf halbem Weg kehren wir um und flüchten vor dem Regen in die Strohmeyer-Kapelle. Dort holt einen die Geschichte ein: Die Kapelle wurde zum Gedenken an Priester Willibald Strohmeyer errichtet, der kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs von Nazi-Schergen an dieser Stelle erschossen wurde. Seine Geschichte ist an Ort und Stelle so gut dokumentiert, dass wir hier verweilen, bis der Regen aufhört.

Zurück im Haldenhof empfangen uns Carmen aus Rumänien und Josef, die den Gasthof von Frühling bis Herbst mit behender Umsicht führen. Schlichte Zimmer, währschafte Schwarzwaldkost und an den Nebentischen kursieren abenteuerliche Geschichten von all den Wanderern, die den Tag nicht verplempert haben. Auch wenn die Wetterprognosen schlecht sind, wollen wir früh aufstehen – wenn das Wandern hier so spannend sein soll.

Tief hängt der Nebel. Der weiche Weg dämpft die Schritte, Moos breitet sich über die Felsen aus, zieht die Baumstämme hoch. Ein Märchenwald. Nach einer Stunde taucht aus dem Nebel die Kälbelescheuer auf. Ein gedrungenes Holzbauwerk mit riesigem Dach. Kein Laut, nichts. Und als wir dann einen Eingang finden, treten wir in einen weiten Raum, in dem zwei Frauen mit einem Kind sitzen. Zu früh zum Vespern, doch einen Kaffee gibts alleweil.

Anderthalb Stunden später, nach einem heftigen An- und gemächlichen Abstieg an üppiger Flora vorbei, tut sich der Nonnenmattweiher auf. Ein dunkler See, in dessen Mitte ein versunkenes Nonnenkloster liegen soll. Eine Sage nur, denn der Name des Weihers stammt von Mastrindern, die einst am Ufer geweidet haben – man nannte sie «Nunnen». Heute räkeln sich hier an heissen Sommertagen Badegäste.

Es ist zu kühl zum Baden, dafür lockt die Fischerhütte. Ein schlichtes Holzhaus, ausgestattet wie ein Dorfmuseum, mit Gegenständen aus alter Zeit an allen Wänden. Die Wirtin in einem Dirndl, an dem Herr Brüderle seine helle Freude hätte, serviert lokale Leckerbissen. Und wenn da nicht ein alt Stände- und Regierungsrat aus dem Baselbiet lautstark seinen Wandergenossen die Tücken der Politik erklären würde, wäre es geheimnisvoll ruhig.

Wir nehmen uns vor, den nächsten Besuch bei etwas besseren Wetterprognosen zu planen, weniger lang beim Weissburgunder zu sitzen – dann schaffen wir nicht nur den Belchen, sondern können auch über die angeblich sagenhafte Aussicht über Land und Berge berichten.

  • Ankommen: Mit dem PW durchs Kleine Wiesental, mit Bahn und Bus via Müllheim
  • Ausschlafen: Berggasthof Haldenhof, www.haldenhof-schwarzwald.de
  • Ausblicken: Nach 2,5-stündiger Wanderung herrliche Aussicht vom Belchen
  • Anbeissen: Forellen (eigene Aufzucht) in der Fischerhütte am Nonnenmattweiher
  • Weitere Adressen: Kälbelescheuer im Münstertal, www.kaelbelescheuer.de; Fischerhütte Nonnenmattweiher, Kleines Wiesental-Neuenweg, www.fischerhuette-nonnenmattweiher.de

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 19.04.13

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