Wochenendlich in Antwerpen

Pfeift der Wind eisig um die Ohren, bleibt reichlich Zeit zum Shoppen, Essen und Bier verkosten.

Definitiv einen Spaziergang ist der Hafen wert. Zu Fuss kommt man allerdings nicht weit, wer den Hafen wirklich sehen will, macht eine Boots-Rundfahrt. (Bild: Matthias Oppliger)

Pfeift der Wind eisig um die Ohren, bleibt reichlich Zeit zum Shoppen, Essen und Bier verkosten.

Städtetrips im Winter – nur etwas für Masochisten? Von wegen! Endlich ­benötigt man keine Ausreden, um nur von Café zu Shop zu Bar zu schlendern. Was die belgische Hafenstadt Antwerpen betrifft, so lässt sich ihr Geist auch beim Spaziergang zwischen Cupcake und Café einfangen. Dazu kommt ein für Shopping­-Aficionados unschlagbares Argument: «Wintersolden» – Ausverkauf!

Architektonisch bietet die Altstadt alles, neben Prachtshäusern im Jugendstil stehen Zweckbauten aus rotbraunem Backstein. Kirche und Pub befinden sich Tür an Tür. Da und dort hat sich auch ein zeitgenössischer Architekt verewigt. Etwa im Hafen, wo das MAS (Museum aan de ­Stroom, Entwurf: Neutelings/Riedijk) in die Höhe ragt. Der Besuch lohnt sich auch für Reisende ohne Interesse an Architektur oder Kunst, denn nirgendwo ist die Aussicht auf die ganze Stadt besser als vom Dach des MAS. Nach dem Spaziergang zum Hafen und zurück in die Stadt ist der Zeitpunkt gekommen, endlich den leiblichen Genüssen zu huldigen.

Die (wohl) weltbesten Pommes frites gibt es in den schmuddeligen «Fritures» zu haben. Neben den frittierten Kartoffelstäbchen rühmen sich die Belgier vor allem des Bieres wegen. Bier ist hier eine ernste Sache, bierernst. Eine kleine Web­recherche vor dem Beizenbesuch sei jedem empfohlen, der die Bardame nicht bloss mit grossen Augen anschauen will. Das Angebot ist von erschlagender Vielfalt, die Möglichkeiten, sich falsch zu entscheiden, entsprechend zahlreich. Zum nachmittäglichen Bier passt übrigens eine «Porte Kaas», Gouda-Käse­häppchen mit Cornichons und Silberzwiebeln (nein, gesund ist das nicht).

In Antwerpen mag man es rustikal, in vielen Pubs herrscht Mittelalterstimmung, dunkles Holz, steile Treppen, verwinkelte Räume. Die Wände zieren allerlei Werkzeug, Waffen, sakrale Kultgegenstände.

Zum Auslüften zwischen den Bieren und um den Appetit anzukurbeln, empfiehlt sich ein kleiner Marsch dem Fluss entlang ins «Zuid». Dort, im Süden der Stadt, hat es die herrlichsten Jugendstilhäuser, von verspielt bis kitschig, von herausgeputzt bis baufällig. Zudem versammeln sich in der «Klosterstraat» viele schöne Brockenhäuser, Antiquitätenläden und Secondhand-Shops. So eine ausgestopfte Stockente wäre doch durchaus dekorativ? Oder dieses ­altertümliche Navigationsinstrument?

Nachdem man diese Käufe entweder getätigt oder erfolgreich umschifft hat, gilt es, ein Restaurant für das Abendessen zu wählen. Am besten bei einem Bier. Wer Fisch will (und das sollte man), geht in die «Fiskebar» oder ins «Hungry Henrietta», wer Steak bevorzugt, ist im «Ulcke van Zurich» an der richtigen Adresse, flämische Spezialitäten werden im «Lids» ­serviert. Nichts wärmt das Gemüt nach ­einem anstrengenden Shopping- und Bierdegustierausflug besser als ein grosser ­Teller «Stofjes» (in Bier langsam gegartes Rindfleisch) mit Pommes. Goed, bedankt.

  • Anzapfen: Das «Homey», solide Bierauswahl, solide Preise.
  • Anschauen: Der Hafen. Rundfahrt oder Spaziergang – beides lohnt sich.
  • Ausspannen: Im «Normo» lässt sich frisch gerösteter Kaffee geniessen.
  • Anschaffen: Viele kleine Läden gibt es an der Lombardenvest.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 22.02.13

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