Wochenendlich in Barcelona

Halb Europa reist nach Barcelona. Trotzdem gibt es noch Viertel, wo fast nur Katalanisch gesprochen wird.

Stadtfest in der Gràcia; wunderbarrer Blick auf Barcelona vom Hausberg Tibidabo aus (Bild: Remo Leupin)

Halb Europa reist nach Barcelona. Trotzdem gibt es noch Viertel, wo fast nur Katalanisch gesprochen wird.

Klar, den Parc Güell, die Casa Batlló, den Mercat de la Boqueria, die Fundació Joan Miró, die Casa Milà, die ­Sagrada ­Família – das alles darf man auch gesehen haben in Barcelona. Besuchen Sie diese Sehenswürdig­keiten, die in jedem Reise­­führer exzessiv beschrieben werden, aber nicht am ersten Tag. Vom besonderen Char­me der Stadt bekommen Sie an diesen Orten nichts mit: Hier stehen sich vor allem Touristen ­gegenseitig auf den Füssen herum.

Dasselbe gilt für die Rambla. Vergessen Sie die Vorzeigepromenade Barcelonas! Sie hat ihren einstigen Glanz längst verloren. Tagsüber quetschen sich Tausende von Schau­lustigen an Stras­senkünstlern, Nippesständen und überteuerten (und schlechten) Restaurants ­vorbei; nachts wird die Rambla zum Tum­melfeld von Dealern aller Art.

Viel besser ist es, die Stadt von den Rän­dern her zu erobern. Zum Beispiel vom Stadtteil Barceloneta aus – dem kleinsten Quartier Barcelonas, direkt am Hafen gelegen. Hier wohnten einst Fischer und Fabrikarbeiter. Kilometerweit kann man von hier aus an ­einem der schönsten Stadtstrände ­Europas dem Meer entlang spazieren – eine perfekte ­Einstim­mung auf ein Barcelona-Wochen­ende. Auf der Wanderung begegnet man mehreren Strandrestaurants, die von aus­sen wenig hergeben und deshalb kaum von Touristen heimgesucht werden. Bei den Ein­heimischen sind diese Lokale sehr beliebt. Kein Wunder, nirgendwo erhält man ­so günstig ein so gutes Mittagessen und ­ge­niesst eine so prächtige Aussicht aufs­ Meer.

Schön in den Tag starten lässt sich auch auf Barce­lonas Hausberg, dem Tibidabo. Von hier aus haben Sie den besten Blick über die Stadt, die weit vorne im Mittelmeer zu versinken scheint. Fahren Sie mit der ­U-Bahn (L7) bis zur Avinguda del Tibidabo, steigen Sie dort in die antike Tramvia Blau – lange Zeit das einzige Tram der Stadt.

Viele Barcelona-Reisende schwören auf die Altstadtquartiere Barri Gòtic (und hier vor ­allem auf die berühmte Plaça Reial) oder ­El Born. Keine Frage, diese Orte sind zauberhaft – das wissen aber auch die Mit­reisen­den auf Ihrem ausgebuchten EasyJet-Flug. Vor ­allem in den warmen Monaten ist in Barcelonas Altstadt fast kein Durch­kommen. Besuchen Sie diese Viertel am besten an einem Wochenende zwischen ­November und Februar. Dann sind auch die Warteschlangen vor dem ­Picasso-Museum im Born erträglich – und Katalanisch wird wieder zur Haupt­sprache in der Hauptstadt Kataloniens.

Zu jeder Jahreszeit ein Geheimtipp ist das Gràcia-Viertel mit seinen ­vielen kleinen, verwinkelten Gassen. Die Barcelonesen ­lieben die Gràcia auch wegen des Stadt­fests «Fiesta Major», an dem die Bewohner ihre Stras­sen individuell und sehr liebevoll schmücken ­(15. bis 21. August). In der Gràcia lässt sich abseits der teuren Einkaufsstrassen in kleinen Boutiquen perfekt shoppen. Und hier ­ge­hören auch die vielen schmucken Bars und ­Restau­rants noch ganz den ­Barcelonesen. Lassen Sie sich vom Instinkt leiten und betreten Sie das erstbeste Lokal, das Ihnen gefällt – in der Gràcia wurde noch kein Gast enttäuscht.

  • Anbeissen: Can Margarit, in einer ehe­­ma­ligen Scheune. Spezialität des Hauses ist Küngel auf Zwiebeln, und den Wein zapft man selber ab …, C/ de la Concórdia, 21.
  • Anschauen: Parc del Laberint. Schönster Park der Stadt, wegen seiner abgelegenen Lage im Norden der Stadt kaum bekannt. Eine Szene aus dem Film «Das Parfüm» wurde hier gedreht, Pg. dels Castanyers, 1.
  • Ausgehen: Ganz Barcelona ist voller guter Clubs (Achtung: Richtig los gehts ab ­3 Uhr morgens). Speziell ist der Harlem Jazz Club (gilt als bester Live-Jazzclub der Stadt), Comtessa de Sobradiel 8. Im Rock/Pop/Partysektor angesagt ist das «Razzmatazz» (fünf Säle, oft Konzerte), C/ Almogavers, 122 – C/ Pamplona, 88.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 25.05.12

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