Catania rangiert vielleicht nicht ganz oben auf der Liste vieler Italienreisender. Doch das sizilianische Lebensgefühl, die Kirchendichte und ihre Umgebung machen die Stadt zu einer lohnenswerten Destination.
Stille regiert nachmittags in Catania. Menschenleere Plätze. Verschlossene Türen der Geschäfte. Nur Touristen laufen sich über den Weg. Sie suchen Sehenswürdigkeiten – und viele auch den Schatten. Ersteres bietet Catania ausreichend. Die Piazza Duomo ist das Herz der Stadt, in ihrer Mitte steht das Wahrzeichen: eine Elefantenfigur aus schwarzem Lavagestein mit Obelisken. Direkt daneben thront die Kathedrale Sant’Agata, deren Ursprung im 11. Jahrhundert liegt.
Catania ist für Kirchenliebhaber wie Eldorado für Goldgräber. An fast jeder Strasse ragt eine Kirche empor. Der Grund: Wohlhabende Familien wollten Reichtum und Einfluss behalten. Eltern vererbten daher nur dem ältesten Sohn das gesamte Vermögen. Hätten sie es auf alle Nachkommen aufgeteilt, wäre es in wenigen Generationen auf ein unbedeutendes Niveau geschrumpft. Den anderen Söhnen bauten sie Kirchen und ernannten sie zu Priestern mit Leitungsfunktion. Gotteshäuser als Familieninvestition.
Siziliens Geschichte ist abwechslungsreich. Was die verschiedenen Epochen verbindet: Die Insel wurde immer wieder erobert, eingenommen, fremdbestimmt. Alle kamen sie: Griechen, Römer, Araber, Normannen, Spanier, Italiener, Deutsche. Das spiegelt auch die Architektur Catanias wider. Vom griechischen zum römischen Theater sind es nur wenige Gehminuten. Der Barockstil jedoch dominiert die Stadt. Der Grund ist einfach: Das verheerende Erdbeben von 1693 zerstörte die Stadt fast vollständig. Und so wurde Catania im Baustil, der in jener Epoche vorherrschte, wiederaufgebaut.
Im Schatten des Ätna
Über all diesen Bauwerken scheint der Ätna zu schweben. Er ist omnipräsent. Religiöse Sizilianer messen dem Vulkan mystische Bedeutung bei. Gott selbst soll die Lavaströme führen. Nicht nur deswegen ist der Ätna ein interessantes Ausflugsziel. Eine Strasse schlängelt sich durch erkaltete jüngere schwarze und ältere gräuliche Gesteinsmassen. Ab der Basisstation fährt eine Seilbahn die restliche Strecke zum Gipfel hinauf. Doch auch von der Station aus lässt sich das Panorama geniessen und lassen sich erloschene Krater erklettern. Positiver Nebeneffekt der Vulkan-Tour: Es ist kühler, aber auch sehr windig.
Der Ätna ist nicht nur ein religiöses Symbol und ein touristischer Magnet. Seine Lava verleiht auch einigen sizilianischen Weinen einen aussergewöhnlichen Geschmack. Selbst probieren? Weingüter wie Nicosia bieten Degustationen und Führungen an – mit Blick auf den grössten aktiven Vulkan Europas.
Rund 50 Kilometer nördlich Catanias liegt Taormina – vielleicht einer der schönsten Orte der Insel. Eine Seilbahn verbindet den Strand mit dem am Monte Tauro gelegenen Dorf. Dort führen enge Gassen mit Restaurants, Cafés, Bars und Geschäften in die Ruinen des antiken Theaters. Doch es wimmelt hier von Touristen. Sonst wäre das Dorf nicht nur schön, sondern auch gemütlich.
Abends zurück in Catania: Die Stadt ist wie verwandelt. Menschen strömen auf die Plätze. Musik schallt aus den Bars. Die Leute trinken, essen, diskutieren – und gestikulieren. Catania ist sicherlich nicht ordentlich, sauber oder aussergewöhnlich schön. Aber dafür authentisch. Und das macht die Stadt so anziehend.
- Ausschlafen: Vor der Buchung der Unterkunft lohnt sich eine gründliche Internetrecherche. Abzuraten ist von einer Übernachtung im B&B Spadaccini an der gleichnamigen Strasse. Zwar ist die Lage sehr zentral, doch der Service hat den Namen nicht verdient, und das Frühstück besteht aus Keksen, Kaffee und – wenn vorrätig – einem Becher Joghurt.
- Anbeissen: Hungrig bleibt niemand lange in Catania. Abwechslungsreiche sizilianische Küche und sehr guten Service zu bezahlbaren Preisen gibt es im «Novecento Art and Food» (Via Monsignor Ventimiglia 41). Beim kleinen Hunger zwischendurch oder dem Appetit nach dem Ausgang schafft «Dopo Teatro» (Via Coppola 4) Abhilfe. Sehr mageres Fleisch (auch Pferd) im Döner oder Burger ist hier der Renner. Viele Einwohner und Reisende sind sich einig: Die Gelateria direkt an der Piazza Vincenzo Bellini serviert die beste Glace der Stadt.
- Anzapfen: Espresso gibt es an jeder Strassenecke. Buchstäblich an einer Strassenecke steht «La Fonte d’Oro» (Ecke Via Vittorio Emanuele und Via Monsignor Ventimiglia). Für den kleinen schwarzen Kaffee bezahlt man rund 50 Rappen. Auch klein, aber mit hohem Alkoholgehalt: Die Barkeeper im «Mezzaparola» (Via Landolina 48) mischen verschiedene Schnäpse zu kreativen Shots. Ein kleiner Bunter kostet einen Franken.
- Anreisen: EasyJet, Air Berlin und Meridiana bieten ab Basel direkte Flüge nach Catania an. Die Fahrt vom Flughafen in die Stadt dauert rund 20 Minuten. Das Taxi ist das verlässlichste Transportmittel und kostet gut 20 Franken.