Wochenendlich in Erfurt

Thüringer Bratwürste sind auch in der Deutschschweiz ein Begriff. Von Thüringens Landeshauptstadt lässt sich das weniger sagen.

(Bild: Martin Stohler)

Thüringer Bratwürste sind auch in der Deutschschweiz ein Begriff. Von Thüringens Landeshauptstadt lässt sich das weniger sagen. Als Reiseziel steht Erfurt für uns Eidgenossen noch ganz im Schatten von Dresden und Leipzig.

Erfurt war im Mittelalter eine bedeutende Handelsmetropole; hier kreuzten sich die Handelswege, die den Norden mit dem Süden verbanden, mit jenen, die von West nach Ost führten. Ihren damaligen Reichtum verdankte die Stadt an der Gera zu einem guten Teil dem Färberwaid, einer Pflanze, mit deren Hilfe sich Tuch blau färben lässt. Wie reich man hier werden konnte, zeigt ein Gold- und Silberschatz, der 1997 bei Bauarbeiten gefunden wurde und heute im jüdischen Museum «Alte Synagoge» ausgestellt ist. Der Schatz – neben Silbermünzen und -barren 700 Einzelteile gotischer Goldschmiedekunst – war von wohlhabenden Juden vergraben worden. Da er bis in unsere Zeit versteckt blieb, gehen die Historiker davon aus, dass seine Besitzer dem Pogrom von 1349 zum Opfer fielen.

Auch unter Christen liess man sich nicht immer in Ruhe. Davon zeugt die enorme Festung auf dem Petersberg, von der aus die Truppen des Mainzer Erzbischofs, dem die Stadt unterstand, das protestantische Erfurt im Griff hatten. Solche Machtkämpfe sind glücklicherweise Vergangenheit. Von den Festungszinnen hat man einen guten Blick auf die Dächer der Stadt mit ihren zahlreichen Kirchen; eine Führung durch die Mauergänge ist ein eindrückliches Erlebnis.

Weihnachtsmarkt und hübsche Häuser

Gleich am Fusse des Festungshügels erhebt sich der Dom, und dicht daneben steht die Severikirche. Auf dem Domplatz findet seit einigen Jahren ein grosser Weihnachtsmarkt statt, der immer mehr Besucher anzieht. Aber auch ohne Weihnachtsmarkt-Rummel gibt es in Erfurt mehr als genug zu sehen. Nach dem Kollaps der DDR wurden viele Häuser der Innenstadt saniert. Neben den typischen Fachwerkmauern gibt es Jugendstilfassaden oder solche, die renaissancemässig geschmückt sind. Verglichen damit wirkt das Hotel Radisson Blu am Juri-Gagarin-Ring fast schon schmerzhaft nüchtern. Innen bietet das Vier-Sterne-Hotel aber alles, was der Gast sich wünscht, und so erstaunt es nicht, dass auch Georg W. Bush bei einem Besuch im Jahr 2005 hier übernachtet hat.

Auch an den in internationalen Shopping-Strassen üblichen Einkaufsmöglichkeiten mangelt es in Erfurt nicht. Unser dichtes Programm liess es aber nicht zu, dass wir den Umsatz der Warentempel steigerten. Nach einer ausgedehnten Stadtbesichtigung lotsten uns unsere Erfurter Freunde nämlich direkt ins «Kerzencafe», in dem nach heissen Waffeln und Kaffee Kerzenziehen angesagt war. Der Tag schloss mit einem Nachtessen in einem Lokal mit Thüringer Spezialitäten. Ich entschied mich für Sauerbraten mit Rotkraut und Kartoffelklössen und anschliessend für einen Mirabellenschnaps. Bereits zum Mittagessen hatte ich im Übrigen eine Landesspezialität vertilgt – eine Thüringer Bratwurst natürlich.

  • Aufessen: eine Bratwurst im «FaustFood» an der Waagegasse1; Kartoffelklösse mit Beilagen z. B. im Gasthaus Feuerkugel oder im Restaurant zum Wenigemarkt.
  • Abliegen: im Hotel Radisson Blu; das 17-stöckige Gebäude verfügt über Zimmer verschiedener Kategorien. Die Nacht in der Präsidenten-Suite kostet allerdings 750 Euro.
  • Ansehen: unzählige Häuser, Strassen, Kirchen und Museen.
  • Ausgehen: Einblicke ins Nachtleben gibts im Stadtmagazin Blitz.

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