Wochenendlich in Hergiswil

Die Steueroase bietet neben atemberaubender Seesicht gehobene französische Küche und mit der Glasi einen Entdeckungsort für das Kind in uns.

Ein typischer Ausflugsort: Die Glasi. Man kann aber auch länger als zwei Stunden im Örtchen am See verweilen. (Bild: Anna Miller)

Die Steueroase bietet neben atemberaubender Seesicht gehobene französische Küche und mit der Glasi einen Entdeckungsort für das Kind in uns.

Ich mag Hergiswil. Ich mag es deshalb, weil es unscheinbar ist, ein wenig hässlich, und weil es seine Autobahn mit Gras überdeckt hat, um den Schall für die Einwohner zu dämpfen, die sich dort eine Wohnung mit Seesicht leisten. Weil es aus sich nicht mehr macht, als es ist: ein Vorort von Luzern, eine Gemeinde, in der gern Kinder grossgezogen werden, mit viel Hang, einer Seestrasse, einem Coop und ein, zwei Bankautomaten.

Umso leichter ist es, die Perlen in Hergiswil zu finden. Die Glasi zum Beispiel. Über Jahre hinweg bin ich achtlos an ihr vorbeigefahren, habe sie als Touristenfleck abgetan. Ich habe mich getäuscht. Ich bin da rein, stand am Gitter in der Galerie, schaute auf die schweissgebadeten Männer herab, die leuchtend rote Flüssigkeit aus dem Ofen holen, blasen, drehen, formen, und fühlte mich wieder einmal an einem Ort, wo das Echte und das Wahre noch herrschen, wo die Natur genau so verarbeitet wird, wie sie eben ist, roh und rau. Eine Erfahrung, diese Glasi.

Nach dem Glasi-Besuch einmal über die Strasse, zum Restaurant Adler, geschwind die Fischchnusperli bestellt, mit selbstgemachter Sauce Tartare und Salat. Oder man steigt in sein Auto, fährt die kurvige Strasse dem See entlang bis Alpnachstad – zwölf Minuten freie Sicht auf den See –, steigt dort in die steilste Zahnradbahn, die man je gesehen hat, und fährt auf den Pilatus. Dort oben kann man im Sommer gediegen im «Pilatus-Kulm» schlemmen, danach eine kleine Wanderung machen oder auf dem Sonnendeck im Liegestuhl schlafen.

Wohnort und Anlegestelle

Ist grad Winter und der Pilatus zu, fährt man von Hergiswil aus nach Flüeli-Ranft, wo der heilige Niklaus von Flüe sein Eremitendasein genoss. Das Hotel Paxmontana, ein Jugendstil-Prachtbau inmitten der Idylle, bietet feine, gehobene Küche, Öpfelchüechli mit Vanillesauce in der Bar, und eine Aussicht auf Berg und Tal, die es einem schwer macht, nicht dort zu übernachten.

Am nächsten Tag ist ein Spaziergang am See genau das, was der Kopf braucht, um sich mental auf die neue Woche in der Stadt vorzubereiten. Davor nochmals kurz ein Abstecher zurück nach Hergiswil, diesem Wohnort, der gleichzeitig ein Lebensort ist, Anlegestelle für Schiffe und Anlaufstelle für feinste französische Küche. Das Seerestaurant Belvédère wurde mit 16 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnet, die bodentiefen Fensterfronten versetzen einen gefühlt fast ins Wasser. Danach noch auf einen letzten Besuch im Feinkostladen Hodel’s Kochtopf, der Erlesenes für die Daheimgebliebenen bietet, würzigen Käse aus der Region, Jakobsmuscheln, Lachs, die besten Cordons bleus weit und breit, Schnaps, Konfitüre. Sie werden alle neidisch sein, auf diesen Ausflug nach Hergiswil.

  • Ausschlafen: Hotel Paxmontana, Dossen 1, 6073 Flüeli-Ranft. Doppelzimmer ab 200 Franken inklusive Frühstücksbuffet.
  • Anbeissen: Seerestaurant Belvédère, Seestrasse 18, 6052 Hergiswil. Sonntags und montags geschlossen.
  • Ausgeben: Feinkostladen Hodel’s Kochtopf, Dorfplatz 1, 6052 Hergiswil. Käse, Fleisch, Fisch und Schnäpse, Sonntag und wochentags über Mittag geschlossen.
  • Anschauen: Glasi Hergiswil, Seestrasse 12, 6052 Hergiswil. Öffnungszeiten Montag–Freitag, 9–18 Uhr, Samstag 9–16 Uhr, sonntags geschlossen. Eintritt frei. Eintritt Museum: 7 Franken.

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