Safran aus der Schweiz? Gibt es nicht? Gibt es doch. Im Wallis.
Das auf 1200 Höhenmetern gelegene Dörfchen Mund, ein paar Kilometer nordwestlich von Brig entfernt, bis 1979 nur zu Fuss oder mit der Seilbahn zu erreichen, liefert zu einem Grossteil ein schmuckes Bild ab. Neben der – nicht sehr gelungenen – Kirche aus den sechziger Jahren sind viele jahrhundertealte, typische Walliser Spycher erhalten geblieben. Beim Spaziergang durchs Dorf lassen sich viele einheimische Nutztiere erblicken: Schwarznasenschafe, Schwarzhalsziegen, Eringer Kühe. Doch eigentlich wollte ich doch zu den Äckern, wo Crocus sativus wächst.
Der Safran-Krokus. Auf welchem Weg die Pflanze damals ihren Weg ins Oberwallis fand, lässt sich heute nicht mehr eindeutig nachweisen. Man nimmt an, dass entweder Söldner oder Pilger die edle Pflanze vor über 500 Jahren aus Spanien ins Rhonetal schmuggelten (auf die Ausfuhr von Safran-Zwiebeln stand damals die Todesstrafe). Ein Pflänzchen, das Ansprüche stellt. Einerseits sollte die Lufttemperatur über Nacht unter den Gefrierpunkt fallen, während am Tag Wärme und Sonnenschein benötigt werden, andererseits verlangt es nach einem feinsandigen, trockenen Boden (sonst verfault die Blumenzwiebel nach vier bis sieben Jahren). So sind alle Kultivierungsversuche in Gebieten, welche nicht genau diese Voraussetzungen erfüllen, bereits nach kurzer Zeit gescheitert.
Reich wird vom wertvollsten Gewürz niemand
Auch sonst verhält sich der Safran nicht so wie andere Blüten, blüht er doch erst im Herbst auf (man spricht gar von einem Sommerschlaf). Die Anbaufläche in Mund ist überschaubar, entspricht einer Grösse von etwa drei Fussballfeldern. In den fünfziger Jahren wäre der Safran beinahe aus dem Wallis verschwunden, der Anbau lohnte sich nicht mehr richtig. Denn obschon Safran das teuerste Gewürz der Welt ist, ist in Mund noch niemand wirklich reich geworden damit. Die jährliche Ausbeute beträgt derzeit etwa 1.5 kg, was etwa 200’000 Blüten entspricht, welche erst von Hand abgeerntet werden müssen, um danach in mühseliger Feinarbeit die drei Blütenstempel aus der Pflanze zu ziehen.
Nur dank der 1979 gegründeten Safranzunft (welche nicht viele Gemeinsamkeiten mit ihren Namensvettern in Basel, Luzern und Zürich hat) konnte dem Verschwinden des Safrans Einhalt geboten werden. Heute sind die zu Fuss gut erreichbaren Felder, auf denen derzeit der Safran blüht – etwa einen Monat später als in anderen Jahren – von Zäunen umgeben. Hauptsächlich, um die Ernte vor Wildfrass von Rehen, Hasen und allen voran Hirschen zu schützen. Zudem wird sie dadurch nicht von unvorsichtigen Wanderern und Spaziergängern zertreten.
Im Dorfladen dann werde ich ein wenig enttäuscht. Dort ist Munder Safran (der intensiver schmecken soll als der importierte) nicht käuflich zu erwerben. Ich werde belehrt, dass die Produktion eigentlich nur an Bekannte und Verwandte der Safranbauern verkauft wird. So begnüge ich mich mit Safranbrot und Munder Bergkäse. Die Aussicht allerdings von Mund ins darunterliegende Wallis hat meine nicht befriedigten Konsumgelüste mehr als entschädigt.
- Anzapfen: In der Pizzeria Safran.
- Anschauen: Die Aussicht mit Krokussen im Vordergrund. Und das einzige Safranmuseum in Mitteleuropa: www.prosafrandorf.ch
- Anbeissen: Leider keinen Munder Safran, aber dafür Bergkäse und Safranbrot im Dorfladen: www.safranmund.ch