Wochenendlich in Rabat

Die Hauptstadt Marokkos blieb bisher vom Massentourismus verschont. Zu Besuch in einer Stadt zwischen Tradition und Aufbruch.

Die alte Stadtmauer trennt die Medina von der Ville Nouvelle. (Bild: Simon Jäggi)

Die Hauptstadt Marokkos blieb bisher vom Massentourismus verschont. Zu Besuch in einer Stadt zwischen Tradition und Aufbruch.

Dichter Qualm schwebt über den Gassen der Medina. Im flackernden Licht wenden bärtige Verkäufer Lammfleisch über glühender Kohle. Ein Muezzin ruft in der benachbarten Moschee zum Abendgebet, während ein Kräuterhändler seine Ware anpreist und dabei mit grossen Büscheln Koriander wedelt. Der Besuch der historischen Altstadt von Rabat ist eine wunderbare Überforderung der Sinne.

Wer sich auf einen Rundgang durch die verwinkelten Gassen begibt, bleibt dabei unter Einheimischen. Die grossen Touristenströme ziehen an der Hauptstadt vorbei. Wer dennoch den Weg hierher findet, kann unbehelligt in das Treiben der Stadt eintauchen. Rabat geizt mit prominenten Sehenswürdigkeiten, die Medina ist beschaulicher und kleiner als anderswo. Die Reiseführer handeln die Stadt als Verwaltungsmetropole ab. Dabei lohnt sich ein zweiter Blick allemal.

Im Westen begrenzt der Fluss Bou-Regreg die Stadt. Dort wo der Fluss ins Meer mündet, thront hinter mächtigen Mauern die Kasbah des Oudaïas, das älteste Quartier der Stadt. Hier hatte der Sultan einst sein Zuhause. Seit einigen Jahren lassen sich immer mehr Ausländer in den Häusern nieder und verdrängen dabei die Einheimischen.

Wie in Paris

Hinter den Mauern verbergen sich ein Palastgarten und ein maurisches Café mit Blick auf den darunter liegenden Fluss. Die Medina, die eigentliche Altstadt, verbindet die Kasbah mit der Ville Nouvelle. Das Stadtzentrum erbauten die französischen Kolonialmächte. Wie ein Schachbrettmuster verlaufen die Strassen und Alleen rund um den Bahnhof. Mittendrin liegt das Parlamentsgebäude. Weiter hinten steht von hohen Mauern umgeben der Königspalast, sichtbar ist davon einzig das Minarett der königlichen Privatmoschee. 

Gesäumt werden die Strassen der Ville Nouvelle von säulenbewehrten Kolonialbauten mit hohen Fassaden. Hier lohnt sich ein Besuch eines marokkanischen Theaters oder eines der zahlreichen Restaurants. Kulinarisch wie kulturell begegnen wir einer Mischung aus marokkanischen und französischen Einflüssen. Marokkanisches Volkstheater kommt hier ebenso zur Aufführung wie Produktionen französischer Theatergruppen. Über 50 Jahre nach der Unabhängigkeit wirkt die einstige Kolonialmacht immer noch nach.

Hörbar wird das auch in der Sprache der jungen Marokkaner, einige ziehen im Gespräch das Französische dem Arabischen vor. Wer es noch einen Dreh moderner möchte, fährt mit dem kürzlich fertiggestellten Tram von der Ville Nouvelle in den Stadtteil Agdal. Jugendliche drängen sich hier in Jeans und kurzen Röcken vor Diskotheken, die Preise für das Bier sind etwa so hoch wie in Paris und die Bars so herausgeputzt wie in London. Bis in das Zentrum der Medina sind es nur einige Kilometer. Doch der Weg von hier nach dort gleicht einer Reise in eine andere Welt. 

  • Anreisen: Mit Air Arabia ab Basel nach Casablanca, von da mit dem Zug in einer Stunde nach Rabat.
  • Abtauchen: Am Plage Publique ein Surfbrett mieten und sich mit den einheimischen Jugendlichen die Wellen teilen.
  • Anbeissen: Speisen wie ein Sultan im Restaurant Dinarjat mitten in der Medina oder ganz französisch im Le Grand Comptoir.
  • Ausgehen: Mit der Jeunesse Dorée durch das ultramoderne Viertel Agdal ziehen und tanzen, bis die Sonne aufgeht.
  • Ausschlafen: Hinter den alten Gemäuern des Riad Kalaa.
  • Abhauen: In der Nekropole Chellah am Ostende der Stadt durch die Ruinen spazieren, frische Mandarinen pflücken und den Störchen beim Klappern zuhören.

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