Wochenendlich in Sachseln

Ab nach Obwalden zu den Wanderwegen, Fischrestaurants und zum Schweizer Nationalheiligen.

(Bild: Andreas Schneitter)

Ab nach Obwalden zu den Wanderwegen, Fischrestaurants und zum Schweizer Nationalheiligen.

Mehr Vorzeigeschweiz ist kaum zu ­haben. Sachseln liegt in einem Seetal, umgeben von Bergen mit fettgrünen Weiden, auf denen zufriedene Kühe grasen. Über ihnen thronen die Spitzen der Vor­alpen, und das Dorf und die zerstreuten Weiler sind voller pittoresker Chalets mit stimmigen Namen wie «Luegisland».

Sachseln im Kanton Obwalden ist das Herz der Schweiz, nicht nur im Mythos 1291 als Teil des Gründungsstandes Unterwalden, sondern ganz nüchtern geometrisch: In Sachseln, auf der schönen Alp Älggi auf 1645 Meter, liegt der Mittelpunkt der Schweiz. Für den Wandergang auf die Alp, ein flotter Dreistünder, lohnt sich die Kehre durch Flüeli-Ranft. Auch dieses kleine Dorf gehört zur Gemeinde Sachseln – und macht den Ort erst prominent.

In Flüeli-Ranft lebte und wirkte von 1417 bis 1487 Niklaus von Flüe, besser ­bekannt als Bruder Klaus. Der Einsiedler, Asket und Mystiker, 1947 vom Vatikan ­heilig gesprochen, verliess für die letzten zwanzig Jahre seines Lebens Familie, Hof und Ämter und liess sich in der Ranftschlucht in einer Klause nieder, wo er sich dem Gebet widmete – und der geistlichen wie weltlichen Beratung. Zwei politische Grundsätze sind von ihm überliefert, «Machet den Zaun nicht zu weit» und «Mischt euch nicht in fremde Händel». Kein Wunder, gilt der frühe Neutralitätsverfechter als Schutzpatron der Schweiz.

Spuren des Einsiedlers

Entsprechend ist der Ort touristisch komplett auf Bruder Klaus ausgerichtet: Unten in Sachseln am Sarner See liegt, protegiert vom nationalen Denkmalschutz, in der imposanten Pfarr- und Wallfahrtskirche sein Grab, und im kleinen Dorfkern von Flüeli-Ranft stehen noch Wohn- und Geburtshaus des Einsiedlers, konserviert mit Mobiliar aus dem 15. Jahrhundert

Hauptstück des Bruder-Klaus-Weges, ein Spazierrundgang quer durch Flüeli-Ranft, ist schliesslich die Ranftschlucht, die ­hinter dem Dorf klafft. Dort unten in der steilen, aber malerischen Enge wurde ihm noch zu Lebzeiten neben seiner Klause eine Kapelle gebaut, eine zweite kam kurz nach seinem Tod hinzu.

Besonders diese Kapelle verdeutlicht mit einem eindrücklichen Wandbild über dem Eingangsportal den Nimbus, den Bruder Klaus als Schutzpatron der Eid­genossenschaft erlangte: Umgeben von Skelettsoldaten, die euro­päischen Heere im Ersten Weltkrieg, ragt in der Mitte die Schweiz als unversehrte Insel empor. Auf deren Spitze kniet Bruder Klaus zum Gebet und bewahrt mit göttlichem Beistand die Schweiz vor dem Krieg.

Sarner See

Nach so viel Mystik braucht der Geist etwas Frischluft. Gut, führt der Wanderweg wieder aus der Schlucht hinaus, entlang weiteren Kirchen und Felskapellen, weiter über die höchste Holzbrücke Europas, unter der ein steiler Abgrund von 100 Metern klafft, und schliesslich zurück an den Sarner See. Auch dort herrscht an Kapellen, Kirchen und Klöstern kein Mangel. Aber daneben gibt es auch noch ein paar Beizen: Fisch aus dem See, suuren Moscht hell und trüb, und Blick über die Wasser der Urschweiz.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 10.05.13

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