Wochenstopp: Verbrüderung

Jazz-Bassist Dave Holland spannt mit dem Flamenco-Star Pepe Habichuela zusammen. 

Jazz-Bassist Dave Holland spannt mit dem Flamenco-Star Pepe Habichuela zusammen. 

Zwischen Jazz und Flamenco ist schon des Öfteren ein leidenschaftlicher Flirt entstanden. Zufall oder nicht: Gerade britische Bassisten scheinen anfällig zu sein für die Reize des andalusischen Genres. Bereits 1988 und 1994 begab sich Danny Thompson, seines Zeichens Tieftonmeister mit langer Karriere unter anderem bei der Folk-Supergroup Pentangle, zu Sessions mit einer jungen Flamencoband namens Ketama. Daraus entstanden die berühmten «Songhai»-Aufnahmen, Klassiker der Weltmusik, in denen eine Brücke von England über Spanien bis nach Mali gebaut wurde. Nun legt Thompsons kosmopolitischer Landsmann Dave Holland nach.

In seiner 40-jährigen Karriere hat Holland viele Team-Erfahrungen über den Jazz hinaus aufzuweisen, von Bonnie Raitt über Jimi Hendrix bis zu arabischen und afrikanischen Musikern. Neugier liegt also in seiner Natur. Angeregt durch Aufenthalte in Sevilla entdeckte er vor acht Jahren die Faszination Flamenco und liess sich durch Mittelsmänner einen Andalusier suchen, der seine Vision eines Teamworks erfüllen könnte. Einen kongenialen, offenen Partner fand man schliesslich in Pepe Habichuela, der gleich die fusionserprobten Ketama-Jungs mitbrachte, schliesslich ist er ihr Vater und Onkel.

Holland im Gegenzug scheute keine Mühen: Es wird berichtet, er habe sich vor den gemeinsamen Proben alle verfügbaren Einspielungen seines Partners angehört. Und als er sein Gegenüber dann in Spanien kennenlernte, liess er sich bereitwillig in den Flamencorhythmen unterweisen. Von denen – so gab Holland ohne Umschweife zu – seien einige auch für einen gestandenen Jazzer nicht auf Anhieb zu kapieren. Resultat der Verbrüderung ist die Scheibe «Hands» (Emarcy/Universal), die nun auch auf der Bühne präsentiert wird. Die Klangfarbenkombination von spanischen Gitarren und aufrecht stehendem Bass-Holz hat schon etwas Magisches, wie man beim Hören der Aufnahmen zugeben muss, zumal es geradezu verblüffend klingt, wie mühelos sich der Brite die fremden Musikvokabeln draufgeschafft hat.

In den Tangos legt Holland ein sogartiges Fundament über die kreisenden Gitarren-Improvisationen, steigt auch mal singend in die Höhen. Dass Habichuela seinerseits flüssig in die Jazzsprache hineinfindet, beweist er wiederum im Gegenzug in den Kompositionen von Holland.

Schön und eher andächtig funktioniert eine Taranta-Zwiesprache zwischen Flatter- und Kletterhand zu Ehren des berühmten Flamencosängers Camaron. Es gibt Momente, die von mediterraner Unbeschwertheit beflügelt sind, konterkariert durch komplexe Rhythmik und fast asketische Bass-Solomomente. Den frischen Charme der Songhai-Klassiker mag Hollands und Habichuelas Gipfeltreffen nicht ganz erreichen, doch es wirkt konzentrierter und noch kammermusikalischer. Wie sich das auf der Bühne im Basler Theater umsetzen lässt, darauf darf man als Jazz- oder Flamenco-Fan oder auch als ganz normaler Liebhaber aussergewöhnlicher Stiltreffen sehr gespannt sein. Webcode: @agkjz

Live: Montag, 21. November, 19.30 Uhr. Foyer, Theater Basel.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 18/11/11

Nächster Artikel