Die Alterspolitik stellt die Städte vor grosse Herausforderungen. Insbesondere die Bereitstellung von «genügend bezahlbarem, altersgerechtem Wohnraum» ist gemäss einer Studie des Schweizerischen Städteverbandes (SSV) eine schwierige Aufgabe.
SSV-Präsident und FDP-Nationalrat Kurt Fluri (SO) sprach am Montag vor den Medien in Bern von «einer der grössten Herausforderungen der kommenden Jahre, die die Städte zu bewältigen haben.» «Wohnen» werde auch in fast allen städtischen Altersstrategien thematisiert, häufiger als jedes andere Thema.
Insbesondere in den Städten sei der Wohnungsmarkt angespannt, was die Suche nach günstigen Wohnungen erschwere, sagte François Genoud, Stadtpräsident von Siders VS. Zudem sei das Thema Wohnen von Bedeutung, weil neue Wohnformen helfen könnten, dem Problem der Vereinsamung im Alter vorzubeugen.
In vielen Städten sind gemäss der Studie Strategien und Leitbilder für die Alterspolitik entstanden. Drei Viertel der befragten Städte verfügten über formelle Gremien oder Stellen, die sich mit dem Thema Alterspolitik beschäftigten. Nur ein Viertel habe angegeben, kein solches Gremium zu kennen. In der Lateinischen Schweiz sei dies deutlich häufiger der Fall als in der Deutschschweiz.
Vereinsamung ist eine reale Gefahr
Für die Studie wurde die strukturelle Zusammensetzung der über 65-jährigen Bevölkerung in den Städten untersucht. Bis 2030 werden gemäss den Prognosen des Bundesamtes für Statistik (BFS) rund ein Viertel der Schweizer Bevölkerung das heutige Rentenalter von 65 Jahren erreicht haben.
Die Gruppe der 65- bis 79-Jährigen vergrössere sich in den nächsten 16 Jahren um 50 Prozent. Der Anteil der über 80-Jährigen werde bis 2030 um 80 Prozent zunehmen, sagte Esther Rickenbacher, Stadträtin von Uster, bei der Präsentation der Studie.
Bei Antritt des Pensionsalters lebten viele Paare noch in der Ehe, während die Zahl der Alleinstehenden danach ansteige. Frauen über 80 lebten deutlich häufiger alleine oder in Altersheimen, als dies bei Männern in der gleichen Alterskategorie der Fall sei. Die Gefahr, dass sie vereinsamten, sei real.
Rentner-Gruppe wird «internationaler»
Veränderungen würden sich auch bei den Personen ausländischer Herkunft ergeben, bei denen es heute unter den Pensionären noch verhältnismässig wenig gebe. Die Statistik zeige, dass der Ausländeranteil bei den über 65-Jährigen seit etwas mehr als zehn Jahren stark ansteige. Die Gruppe der Rentner werde zunehmend «internationaler».
Schliesslich mache die nun erarbeitete Studie nochmals deutlich, welch grosse Herausforderung die Demenz-Erkrankungen künftig darstellen werde. Mit der Alterung der Bevölkerung werde auch die Zahl der Demenz-Erkrankungen deutlich zunehmen. Denn schon heute zeige sich, dass diese Zahl bei den über 80-Jährigen mehr als fünf Mal höher sei, als bei Personen zwischen 65 und 79 Jahren.
Nationale Kommission gefordert
Für den Berner Stadtpräsidenten und SP-NationalratAlexander Tschäppät ist es unabdingbar, dass das Thema Alterspolitik hoch auf der politischen Agenda des Bundes angesiedelt werden muss. Die Städte erwarteten vom Bund in erster Linie eine gesicherte Altersvorsorge.
Notwendig sei aber auch ein Engagement des Bundes beim Wohnungsbau für ältere Menschen. Ein genügendes Angebot an Alterswohnungen auch aus sozialen und finanziellen Gründen sei zentral. Je länger ältere Menschen selbstständig seien und ambulant betreut werden könnten, desto tiefer seien die Kosten für die öffentliche Hand.
Schliesslich fordert Tschäppät das Einsetzen einer Eidgenössischen Kommission für Generationen- und Altersfragen. Denn ihr Fehlen sei aus seiner Sicht ein klares Manko. Es sei ein Gremium notwendig, das die Alters- und Generationenpolitik von Bund, Kantonen sowie Städten und Gemeinden koordiniere.