Woody Allen reist durch Europa. Aus Rom, Barcelona und Paris haben uns seine Twitter schon erreicht. Jetzt macht er in Südfrankreich Station. Magisch? Woody Allen hat seine Lieblingsthemen. Eines ist der Magier. Sei es als Hypnotiseur («Im Bann des Jade Skorpions»), als Wahrsagerin («Ich sehe den Mann deiner Träume»), oder als Zauberer (in «Scoop»): Allen […]
Die Figur des Magiers interessiert Allen, weil er uns das Unerklärliche greifbar machen kann – als billige Zauberei. Auch andere unerklärliche Phänomene können letztlich mit Tricks erklärt werden. Ob Gott. Ob Liebe. Ob Tod. In «Magic in the Moonlight» versucht Allens zynischer Magier Stanley Crawford unerklärbare Phänomene als Magiertrick zu entlarven. Zumindest bei der Liebe scheitert er.
Wenn Liebe nur noch aus Worten besteht
Für den Film versammelt Allen wieder einige wunderbare Schauspieler. Diesmal sind unter anderem Colin Firth als bärbeissiger Zauberer Stanley Crawford mit von der Partie und Emma Stone als hochstaplerische Hellseherin Sophie Baker. Beide spielen tapfer gegen die laue Geschichte an. Aber auch sie können sie nicht magischer machen, als sie ist:
Allen lässt am Mittelmeer das Medium Sophie (Emma Stone) auf den Magier Stanley (Colin Firth) treffen. Er soll sie als Schwindlerin entlarven. Aha. Jetzt kennen wir erst den Anfang. Aber eigentlich ist damit auch das Ende schon verraten. Es kommt dann auch alles genau so, wie wir es erwarten dürfen – nur noch etwas touristischer als die restliche Reise Woody Allens durch Europa.
Woody Allens touristisches Europa
Von Südfrankreich hätten wir uns vielleicht erwarten dürfen: Etwas über die südfranzösischen Künstlerkolonien, über die Résistence, die Haute Volée oder den Wein? Aber haben wir über Barcelona, Rom oder Paris von Woody mehr erfahren als eine twittertaugliche Botschaft über touristische Oberflächlichkeiten?
Eigentlich hätte «Magic in the Moonlight» auch besser nach Südengland gehört: Dort sind Geisterglaube und Séancen-Routine auch im Touristenführer leichter zu finden. Dort hätte vielleicht auch der Sarkasmus von Oscar Wilde Pate gestanden.
Südfrankreich gibt nicht mehr als eine hübsche Kulisse für hübsche Menschen in hübschen Biografien. Ob Uferstrasse (Grande Corniche) oder das Observatorium von Gustave Eiffel – wir waren auf Postkarten schon alle mal da. Jetzt dürfen wir dabei sein, wenn Woody Allen uns von dort seine Philosophie d’Amour twittert.
Wie man seine Meinung ändert
Dennoch hat die Schwäche der Dramaturgie Woody Allen noch nie wirklich geschadet. Immer hat uns zumindest sein scharfer Witz durch die Zeit geholfen. Aber gerade die zeitgeistreiche Bissigkeit, die Allen stets pflegte, seine intellektuelle Schärfe oder wenigstens seine boulvardeske Nonchalance kommen in «Magic in the Moonlight» zu kurz.
Dafür bietet er immer gerissenere Dialoge: Wie Stanley seine Meinung ändert, im Zwiegespräch mit seiner Tante, ist hinreissend. Lange bevor er eine Meinung hat, ist sie schon gemacht. Doch auch das macht den Film nicht wirklich magisch.
Für hartgesottene Woody Allen-Fans besteht die Herausforderung immerhin darin, Szenen zu entdecken, die wir schon einmal gesehen haben – in einem Woody-Allen-Film: Wenn Sophie (Emma Stone) und Stanley (Colin Firth) durchnässt die Sterne beobachten, ist das wie in «Manhattan». Dort flüchtet das Liebespaar auch in ein Planetarium. Diane Keaton und Woody Allen suchten damals in New York vor dem strömenden Regen Unterschlupf – in New York.
Spätestens jetzt erinnern wir uns daran, was das Schönste ist an Erinnerungen: Sie aufzufrischen. Und gerade das tut Allen leider nicht. Bei ihm verblasst die Erinnerung an seine eigenen Qualitäten langsam.