Der deutsche Bundespräsident Christian Wulff verliert an Rückhalt in der Bevölkerung. Nach neuen Vorwürfen gegen seinen langjährigen Vertrauten Olaf Glaeseker sprach sich am Wochenende erstmals eine deutliche Mehrheit für einen Rücktritt des Staatsoberhauptes aus.
In einer Emnid-Umfrage für die „Bild am Sonntag“ sagten 53 Prozent der Befragten, ein Rücktritt Wulffs wäre für das Ansehen Deutschlands besser. Nur 37 Prozent wollten, dass Wulff im Amt bleibt. 55 Prozent waren der Ansicht, Wulff könne dem Amt nicht mehr gerecht werden, 36 Prozent waren anderer Meinung. Emnid befragte dazu am Freitag 500 Bundesbürger.
Eine repräsentative Umfrage von Infratest dimap für die ARD-Sendung „Günther Jauch“ ergab, dass nur noch ein Drittel der Bevölkerung (31 Prozent) den Bundespräsidenten für glaubwürdig hält. Im Vergleich zum Beginn seiner Amtszeit bedeute dies einen Verlust von 43 Punkten.
Gegenüber Dezember, als die Affäre um den umstrittenen Hauskredit ihren Anfang nahm, verzeichnete Infratest dimap einen Rückgang von 20 Punkten. Die Befragten differenzieren aber offenbar zwischen Amtsträger und Privatperson. Wulff galt der Mehrheit der Befragten (66 Prozent) trotz der Affäre als sympathisch.
Immer lautere Rücktrittsforderungen
Im Bundesland Niedersachsen, wo Wulff vor seiner Amtszeit Ministerpräsident war, wird derweil der Ruf nach einem Rücktritt lauter. Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel bezeichnete Wulff nach Bekanntwerden neuer Vorwürfe als „Lügner“ und forderte ihn offen zum Rücktritt auf.
SPD-Fraktionschef Stefan Schostok kündigte an, Wulff wegen Täuschung des Parlaments vor dem Landesverfassungsgericht zu verklagen. Die Chancen dafür sind aber gering, weil für die Anrufung des Staatsgerichtshofes eine Zweidrittelmehrheit im Landtag nötig wäre.
Schostok legte Wulff in der „Bild am Sonntag“ zur Last, er habe das Parlament als Ministerpräsident falsch über die Finanzierung eines privat organisierten Wirtschaftstreffens informieren lassen.