Der Triumph der bärtigen Österreicherin Conchita Wurst beim Eurovision Song Contest 2014 war eindeutig, aber keineswegs von Anfang an klar. Zum Schluss lag die Drag-Artistin mit 290 Punkten aber doch deutlich vor Holland mit 238 und Schweden mit 218 Punkten.
Mit einer stimmlich starken, divenhaften, aber nicht übertriebenen Performance überzeugte die österreichische Sängerin Conchita Wurst halb Europa, wurden ihr doch allein aus 13 Ländern die Höchstpunktzahl von 12 zugesprochen – von Israel bis Spanien. Damit behielten zumindest in praktisch letzter Minute doch die Zocker wieder Recht, die in der Mitte des Wettbewerbs von Schweden als Erstplatziertem auf Österreich geschwenkt waren.
So musste sich die Schwedin Sanna Nielsen mit «Undo» letztlich sogar dem Folkduo The Common Linnets aus den Niederlanden geschlagen geben, das sich mit seinem berührenden Duett «Calm After The Storm» im Lady-Antebellum-Stil an den Skandinaviern vorbei schob. Der lange als Topfavorit gehandelte armenische Kandidat Aram Mp3 mit «Not Alone», der stimmlich in seiner Nummer etwas gewankt hatte, wurde letztlich auf Platz 4 gewählt.
Der Gewinnersong von Conchita Wurst
Das entbehrt nicht der Ironie: Aram, der wochenlang die Wettlisten anführte, hatte sich im Vorfeld über Conchita Wurst schwulenfeindlich geäussert. Er wolle versuchen, die Dame von ihrer «falschen» sexuellen Orientierung abzubringen, deutete er an. Wurst konterte damals souverän-ironisch: Eine Liebesbeziehung mit Aram läge jetzt wohl nicht mehr im Bereich des Möglichen.
Der ESC wird somit nächstes Jahr, wenn er zum 60. Mal über die Bühne geht, wahrscheinlich in Wien ausgetragen. Gleich nach der Show regte Wursts Agent René Berto an, dass die Dragqueen nächstes Jahr den ESC moderieren könnte. «Ich wäre gern Gastgeberin», sagte Conchita. Der nächste Grand Prix solle «glamourös» werden.
Sebalter am ESC-Final
Eine kleine Sensation gab es ausser für Österreich auch für die Schweiz: Mit seinem 13. Platz sorgte Sebalter für das beste Schweizer Resultat, seit 1991 Sandra Simo – heute Sandra Studer – Fünfte wurde. 2005 wurde die Schweiz zwar Achte, aber die Interpretinnen Vanilla Ninja waren «eingekaufte» Estinnen.
Ganz blieb auch beim Song Contest die Politik nicht aussen vor. Wie schon in ihrem Halbfinale, wurden die russischen Zwillingsschwestern Tolmachevy von zahlreichen Fans in der Halle, aber auch von einem Teil der angereisten Journalisten im Pressezentrum bereits vor ihrem Auftritt mit «Shine» ausgebuht.
Eine Portion Extraapplaus gab es im Gegenzug für die ukrainische Vertreterin Marija Jaremtschuk, die mit ihrer selbstkomponierten Tanznummer «Tick-Tock» letztlich – sicher auch dank politisch-solidarischem Wohlwollen – auf Platz 6 kam.