Wut und Trauer an der Solidaritätskundgebung in Basel

An einer Solidaritätskundgebung in Basel für die Opfer der Terroranschläge von Paris trafen sich rund 350 Menschen auf dem Marktplatz. Unter anderen appellierten Regierungspräsident Guy Morin und ein Vertreter der Muslimkommission für eine eine geschlossene Gegenhaltung.

Solidarität mit den Angehörigen der Opfer von Paris.

(Bild: Alexander Preobrajenski)

An einer Solidaritätskundgebung in Basel für die Opfer der Terroranschläge von Paris trafen sich rund 350 Menschen auf dem Marktplatz. Unter anderen appellierten Regierungspräsident Guy Morin und ein Vertreter der Muslimkommission für eine eine geschlossene Gegenhaltung.

Kurz vor 18 Uhr war der Marktplatz noch fast leer, von einigen übriggebliebenen Ständen des samstäglichen Marktbetriebs wehte ein schwacher Käsehauch herüber. Mit der Bitte «treten Sie näher» von Frank Lorenz, dem Co-Leiter der Offenen Kirche Elisabethen und Mitinitiant der Basler Solidaritätskundgebung, wurden aus den wenigen zumindest ein Grüppchen und schliesslich eine Gruppe: Gut 350 Menschen waren es schliesslich, die sich unter den Toren des Rathauses versammelten.

Frank Lorenz, Monika Hungerbühler und Thomas Kessler hatten am Morgen beschlossen, die Kundgebung durchzuführen. Von der Stadt Basel erging um 13 Uhr eine Medienmitteilung, Regierungspräsident Guy Morin hatte per Facebook und Twitter zur Beteiligung aufgerufen.

«Flashmob der Menschlichkeit»

Neben Lorenz, Morin und Hungerbühler meldeten sich Mustafa Atici (als Vertreter der alevitischen Gemeinschaft) und Serhad Karatekin (als Vertreter der muslimischen Gemeinschaft) zu Wort. Sie alle seien gekommen, um den Terror «nicht das letzte Wort haben zu lassen», wie Lorenz es ausdrückte, und um mit diesem «Flashmob der Menschlichkeit» dem Unsagbaren eine Stimme entgegenzuhalten.

Theologin Monika Hungerbühler trat als Erste vor die schweigenden Menschen. Sie appellierte an den Glauben an die Grundwerte eines offenen Europa, an die Meinungsfreiheit und an die Gleichstellung der Menschen gleich welcher Herkunft und sexuellen Orientierung. Der Schein zweier Laternen beleuchtete ihre Rede.

«Ich habe zwei Laternen angezündet. Eine Laterne für die Trauernden in Paris und eine Laterne für die Trauernden in Beirut. Ich lade alle ein zum Gebet, aber auch zur Wut. Pray for Paris, habe ich heute gelesen, pray for Beirut, Syrien, Irak und Afganistan gehört unmittelbar dazu. (…) Unsere Wut und unser Gebet müssen uns zur Analyse der Zusammenhänge zwischen Armut, Aussichts- und Arbeitslosigkeit, Umweltzerstörung, Krieg und Terror führen. Mit Gott und Religion haben diese Anschläge nichts zu tun. Islam bedeutet Frieden.»

Serhad Karatekin von der Basler Muslim Kommission verurteilte die Attentate in aller Deutlichkeit. Er forderte die Vertreter seiner Glaubensgemeinschaft dazu auf, sich verstärkt auch öffentlich für ein friedliches Miteinander einzusetzen.

«Es macht uns mehrfach betroffen, dass auch Muslime hinter terroristischen Gräueltaten stecken und sich dabei auf den Islam berufen. Die begangenen Verbrechen an Unschuldigen versetzen die Muslime wie alle anderen Menschen auch in Schock und Trauer. Für solche Täter wird es in unseren Gemeinden kein Verständnis, keinen Platz und keine Unterstützung gegen. Gegen den Missbrauch unserer Religion lehnen wir uns auf und distanzieren uns unmissverständlich von den Verbrechern. Die friedlichen und vernünftigen Kräfte müssen vermehrt in die Öffentlichkeit treten.»

SP-Grossrat Mustafa Atici trug sein kurzes Statement ohne Lesehilfe vor, er bedankte sich für die Solidarität der Anwesenden, die für die Verteidigung der Werte einstünden und mit ihrem Erscheinen ein Zeichen gegen die Gewalt und für eine friedliche und offene Gesellschaft setzten.

Solidarität – auch mit den Flüchtlingen

Als letzter Redner trat Regierungspräsident Guy Morin ans Mikrofon. Er habe während der Sportschau von den Ereignissen in Paris erfahren und sei «sprachlos» gewesen. Morin drückte seine tiefe Solidarität aus mit den Nachbarn über der Grenze in Huningue, Saint-Louis, Colmar und Mulhouse und warnte davor, sich von extremistischen Kräften als Gesellschaft «auseinanderdividieren» zu lassen. Den Zusammenhalt sähen einige auch durch die aktuelle Flüchtlingssituation auf die Probe gestellt, darum:

«…müssen wir auch solidarisch sein mit den Menschen, die auf der Flucht sind vor dem IS, allen Menschen aus Syrien oder auch aus Afghanistan, die bei uns an den Empfangszentren anklopfen und um Asyl bitten werden.»

Und weiter sagte er:

«Wir alle spüren eine gewisse Ohnmacht und Hilflosigkeit. Aber dass wir hier sind zeigt, dass wir nicht sprachlos sind. Wir müssen jeglichen Terrorismus mit unseren Staatsschutzbehörden verfolgen und bekämpfen. Und dieser Staatsschutz und die Polizeibehörden brauchen unsere Unterstützung zur Eindämmung dieser Gewalttaten und auch zur Vorbeugung. Aber ich bin auch überzeugt, dass wir allein mit unserem Machtapparat dem Terrorismus nicht Herr werden. Wir müssen alle, egal ob Christ, Moslem oder Jude, für unsere Werte einstehen. Für Freiheit, Nächstenliebe und Gewaltlosigkeit.»

Die Kundgebung dauerte 45 Minuten, danach wurden Kerzen angezündet und Plakate niedergelegt. Einige Anwesende bedankten sich bei den Rednern. Ein Trauerflor an der Basler Fahne vor dem Rathaus soll während der folgenden Tage an die Opfer erinnern.

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