Auf zwei Spiele, in denen er «viel probiert» hat, folgt eines mit einer veritablen Leistungsexplosion. Xherdan Shaqiri ist gegen Honduras mit seiner Triplette der unumstrittene Schweizer Matchwinner.
Er wirkt immer cool, ist als mutmasslich einziger Spieler des Schweizer Nationalteams auch dem Publikum in Brasilien ein Begriff und national jedem Kind bekannt aus der TV-Werbung und dem Fussball. In den letzten Tagen aber wirkte Xherdan Shaqiri zunehmend genervt. Er störte sich daran, dass die Erwartungen an ihn seiner Meinung nach höher waren als an den Rest des Teams. Erwartungen, die er in der Vorbereitung mit durchaus kecken Aussagen aber auch nicht gedämpft hatte.
Als es gegen Ecuador und Frankreich nicht nach Wunsch lief, wurde die Kritik lauter. Das Verwerfen der Hände, die negative Körperhaltung, weniger Engagement als erwünscht, das alles gab zu reden. Von aussen, aber offenbar auch teamintern. Gegen Honduras aber war alles anders. Es war so, wie es sich Shaqiri selber gewünscht hatte und wieder so, wie er sich in den Fokus der Öffentlichkeit gespielt hatte. Er setzte nach zwei unbefriedigenden Spielen auf dem rechten Flügel diesmal im zentralen offensiven Mittelfeld die entscheidenden Akzente.
Es war einfach zu erklären, weshalb Shaqiri nach dem 1:0, seinem wunderbaren Schuss in die linke hohe Ecke, erst den Finger auf die Lippen legte und dann die Kameralinse küsste. Das zehnte Länderspiel-Tor hatte für den Flügel von Bayern München befreiende Wirkung. Was vorher 180-minütiger persönlicher WM-Frust war, entlud sich in diesem Moment. Mit einem herrlichen Treffer nach 5:26 Minuten, mit einem Torjubel, nach etwas mehr als einer halben Stunde mit dem 2:0 und nach 71 Minuten mit dem 3:0.
Überhaupt stand Shaqiri als Symbol für eine Schweizer Mannschaft, die sich als Ganzes wesentlich gefestigter präsentierte. Sie arbeitete geschlossen nach hinten, stand kompakt, die Offensivkräfte inklusive. Die Taktik, sich weit zurückuzuziehen und dem Gegner die Initiative zu überlassen, ging auf. Die Tore zum 2:0 und 3:0 fielen nach Kontern, beide Male legte der ebenso starke Josip Drmic quer auf Shaqiri.
Shaqiri war unbestritten der Matchwinner, wegen seiner Leistungs-Explosion zum einen, wegen seiner Triplette zum anderen. Drei Tore in einem WM-Spiel waren davor erst Seppe Hügi getoffen. Auch der damalige Basler hatte seinen bemerkenswertesten Auftritt an einer Weltmeisterschaft an einem Spiel bei hohen Temperaturen: 1954 in der Hitzeschlacht von Lausanne, bei der legendären 5:7-Niederlage im Viertelfinal gegen Österreich.
Logisch, dass sich Shaqiri bei seiner Auswechslung in Manaus die Ovation und nach Spielende den Matchball redlich verdiente. Auskunft darüber geben wollte er aber nicht. Die temporäre «silenzio stampa» war die sprichwörtliche stille Rache des Matchwinners an seinen Kritikern.