Aus Protest gegen das Massaker in Hula greift die internationale Gemeinschaft zu ihren bislang schärfsten diplomatischen Sanktionen. Mehrere Staaten haben am Dienstag die syrischen Botschafter aus dem Land gewiesen.
Die Liste der Länder, die die bei ihnen akkreditierten syrischen Botschafter aufforderten, in ihre Heimat zurückzukehren, wird immer länger. Im EU-Raum sind dies bisher Deutschland, Frankreich, Italien, Grossbritannien, Spanien, die Niederlande und Bulgarien; dazu kommen die USA, Australien und Kanada.
Diese Länder wollen mit dem Abbruch der Beziehungen zu Syrien ein Zeichen setzen – die Ausweisung eines Botschafters gehört im diplomatischen Umgang zu den härtesten Strafmassnahmen, über die ein Land verfügt.
Forderungen zu Amtsverzicht
Die Regierungen dieser Länder sprachen dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad die direkte Verantwortung am Massaker in Hula vom vergangenen Freitag zu, bei dem mehr als hundert Menschen getötet wurden. Der deutsche Aussenminister Guido Westerwelle sagte, wer in Hula und anderswo in Syrien „schwere Waffen gegen das eigene Volk einsetzt, muss mit ernsten diplomatischen und politischen Konsequenzen rechnen“.
Wie Westerwelle forderte auch der französische Aussenminister Laurent Fabius Präsident Assad zum Amtsverzicht auf. „Baschar al-Assad ist der Mörder seines Volkes“, sagte Fabius der Zeitung „Le Monde“. Je eher der Staatschef gehe, desto besser sei es.
Auch in Österreich wurde der syrische Botschafter einbestellt. Österreich werde den Diplomaten jedoch nicht ausweisen, weil er zusätzliche Funktionen als Vertreter bei den UNO-Organisationen in Wien innehabe.
Assad erhält Besuch von Annan
Die Europäische Union und die Vereinten Nationen erhöhten den Druck auf Syrien am Dienstag ebenfalls. Der Sprecher von EU-Chefdiplomatin Catherine Ashton drohte in Brüssel damit, die Sanktionen gegen das Land auszuweiten: „Wir können die Liste von Personen, gegen die Sanktionen verhängt worden sind, jederzeit erweitern.“ Die EU hat bereits 16 Sanktionsrunden gegen das Regime Assads beschlossen.
Der UNO-Sonderbeauftragte für Syrien, Kofi Annan, traf sich unterdessen persönlich in Damaskus mit Assad. Gemäss seinem Sprecher sagte Annan „unmissverständlich“, dass sein Friedensplan keinen Erfolg haben werde, wenn nicht „mutige Schritte“ zur Beendigung der Gewalt und der Freilassung Gefangener ergriffen würden.
Annans Plan für eine Waffenruhe trat bereits vor sechs Wochen in Kraft, die Gewalt hält aber an. In Syrien tobt seit etwa 14 Monaten ein Aufstand gegen die Regierung, bei dem bisher mehr als 10’000 Menschen ums Leben gekommen sind.