Angst vor der Dunkelheit zu haben macht biologisch durchaus Sinn. Sonst aber eigentlich nicht.
Nicht nur den Kleinsten unter uns ist es nicht ganz geheuer, wenn das Licht ausgeht. Auch gestandene Männer und Frauen fürchten sich dann ganz schrecklich und sind froh, wenn wenigstens der Natelschirm nachts einen schwachen Schimmer verbreitet. Natürlich ist die Angst vor der Dunkelheit total biologisch bedingt, die Entdeckung des Feuers war nicht nur wegen des gekochten Essens ein rechter Fortschritt. Die Bären und Wölfe mochten die Lichtquelle nicht leiden, und wenn sie dann doch mal kamen, dann konnte man sie relativ früh als solche erkennen und entsprechende Gegenmassnahmen einleiten.
Der Besuch wilder Kreaturen ist heutzutage relativ unwahrscheinlich (ausser, man lebt im Bündnerland), die Furcht aber ist geblieben. Dabei geht es weniger darum, dass man im Dunkeln nichts sieht – die Bilderflut, welche den ganzen Tag über aus diversen Bildschirmen und in der Realität auf uns einprasselt, reicht völlig aus, unseren Bedarf zu decken. Nein, hier geht es darum, dass man im Düsteren nicht weiss, was auf einen zukommt, sich aber (nicht zuletzt dank der Bilder, die den ganzen Tag auf uns eingeprasselt sind) jede Menge schlimmer Dinge ausmalen kann, die durchaus möglich wären, egal, wie unwahrscheinlich sie sind.
Das passt den Kontrollfreaks unter uns nicht. Der Schlaf ist ja schon schlimm genug, und das Leben hält auch ständig irgendwelche Überraschungen bereit, die so nicht geplant sind. Mit dem Schlaf muss man sich notgedrungen abfinden, aber wenn wir wach sind, dann möchten wir bitteschön auch wissen, was geht und warum. Dabei sollten wir die Dunkelheit, die Stille und auch den Kontrollverlust einfach geniessen. Bisher ist es noch immer wieder hell geworden.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 08.02.13