Drei Tage vor Beginn der Parlamentswahlen brodelt es in Kairo weiter. Zehntausende protestierten auf dem Tahrir-Platz gegen den Militärrat, der Ägypten seit der Entmachtung von Präsident Mubarak im Februar lenkt. Sie riefen auch Parolen gegen den von den Militärs ernannten neuen Ministerpräsidenten Gansuri.
Am Freitagsgebet auf dem grossen Platz im Zentrum der ägyptischen Hauptstadt nahm auch Friedensnobelpreisträger Mohammed El Baradei teil, der nächstes Jahr bei der Präsidentenwahl kandidieren will. Die Parteien der Islamisten waren bis auf einige Angehörige der Jugend der Muslimbruderschaft nicht vertreten. Bis zum Abend blieben die Proteste friedlich.
Die Staatsanwaltschaft nahm unterdessen Ermittlungen zum Vorwurf auf, dass die Ordnungspolizei in den vergangenen Tagen friedliche Demonstranten mit einem Giftgasgemisch attackiert habe. Aus Justizkreisen hiess es, für die Ermittlungen seien Tränengasgranaten aus Munitionsdepots der Polizei sowie leere Granathülsen von der Strasse eingesammelt worden.
Während der jüngsten Proteste in Kairo und anderen Städten wurden seit Freitag vergangener Woche laut Gesundheitsministerium 41 Menschen getötet, davon 36 in der ägyptischen Hauptstadt. Zudem häuften sich Berichte über sexuelle Attacken auf Frauen, darunter Journalistinnen.
Washington macht Druck
Die USA riefen angesichts der Gewalt zur schnellen Bildung einer Zivilregierung in Ägypten auf. „Wir sind überzeugt, dass Ägyptens Übergang zur Demokratie weitergehen muss, die Wahlen schnell abgehalten werden müssen und alles unternommen werden muss, um Sicherheit zu gewährleisten und Einschüchterung zu verhindern“, erklärte das Weisse Haus.
Vor allem sei wichtig, dass die Regierungsgewalt „so bald wie möglich“ vollständig vom Militärrat an Zivilisten übergehe. Dies müsse im Einklang „mit den legitimen Hoffnungen des ägyptischen Volkes“ erfolgen, hiess es in der Erklärung.