Zehntausende Russen haben am Samstag in Moskau und anderen Landesteilen einen Monat vor den Präsidentschaftswahlen für und gegen Ministerpräsident Wladimir Putin demonstriert. Dieser will erneut zum Präsidenten gewählt werden.
An einem Protest gegen Putin in Moskau beteiligten sich bei Temperaturen um die minus 17 Grad nach Angaben der Opposition rund 120’000 Menschen, die Polizei sprach von 36’000 Teilnehmern. Für die Regierung demonstrierten in Moskau laut Polizei knapp 140’000 Menschen.
Die Zahl der Putin-Kritiker lag laut Polizei am Samstag noch einmal höher als bei den bislang grössten Anti-Regierungsprotesten seit 20 Jahren. Der Radiosender Echo Moskwy sprach von einem „Zahlenkrieg“ bei der vom Machtapparat inszenierten Gegenkundgebung für Putin.
Die Opposition fordert eine ehrliche Präsidentenwahl am 4. März sowie mehr politische Freiheiten und einen demokratischen Wandel. Putin strebt nach zwei Amtszeiten von 2000 bis 2008 nun zum dritten Mal in den Kreml.
Offenbar Druck auf Staatsangestellte
Mehrere unabhängige Medien hatten zuvor von Druck auf Lehrer und Beschäftigte von Staatsbetrieben berichtet, die zur Teilnahme an der Pro-Putin-Kundgebung verpflichtet worden seien. „Putin ist super!“ und „Chaos – nein, Putin – ja!“ war auf Transparenten zu lesen.
Dagegen forderten Anhänger der Opposition ein Macht-Ende für den seit zwölf Jahren in verschiedenen Ämtern regierenden Putin. „Putin, hau ab!“ hatten viele Regierungsgegner auf ihre Plakate geschrieben.
An der Kundgebung nahm auch der Multimilliardär und Präsidentenkandidat Michail Prochorow teil, der Putin in eine Stichwahl zwingen will.
Die Demonstranten, darunter viele Bürgerrechtler und Intellektuelle, forderten aber vor allem auch die Zulassung des von der Abstimmung ausgeschlossenen prominenten Oppositionspolitikers Grigori Jawlinski. Der Mitbegründer der liberalen Jabloko-Partei forderte die demokratisch gesinnten Kräfte in seiner Rede zur Einheit auf.
Putin gegen Revolution
Die Pro-Putin-Aktion hingegen stand nach Angaben der Organisatoren von der Kreml-treuen Partei der Patrioten im Zeichen der Stabilität. Das Lager des Regierungschefs hatte nach Bekanntwerden der Oppositionspläne für neue Massenproteste erstmals die Initiative ergriffen, nicht mehr nur den Andersdenkenden den politischen Kampf auf der Strasse zu überlassen.
Putin selbst hielt sich am Samstag in der Stadt Tscheljabinsk rund 1900 Kilometer östlich von Moskau auf. Bereits zuvor hatte er betont, er sei wie seine Unterstützer gegen eine Revolution in Russland.