In Brüssel haben am Freitag Zehntausende Personen gegen die Sparmassnahmen der neuen belgischen Regierung protestiert. Die Gewerkschaften sprachen von rund 70’000 Personen, die sich am Protestmarsch beteiligten.
Der Protest richtete sich gegen die Pläne der zukünftigen Regierung unter dem designierten sozialdemokratischen Premierminister Elio Di Rupo. Diese peilt für kommendes Jahr Einsparungen von 11,3 Milliarden Euro an, um das Staatsdefizit unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu drücken.
Unter anderem soll es Abgaben auf Aktiengeschäfte und Extrasteuern auf höhere Einkommen geben. Die Gewerkschaften fürchten Entlassungen und Lohnkürzungen. Sie warnten auf einem Flugblatt vor einer „blinden Strenge“, die „kein Schicksal ist“ und „das Problem nur verschlimmert“.
Paradies und Hölle
„Wir haben genug für die Fehler der Banker bezahlt“, entrüstete sich die Anne Delemenne, Generalsekretärin der Gewerkschaft FGTB. „Anstatt Arbeitslosenhilfen zu verringern, müssten die Boni der Händler und die Dividenden der Aktionäre reduziert werden.“
Belgien sei „ein finanzielles Paradies für die Vermögenden geworden und eine finanzielle Hölle für diejenigen, die früh aufstehen“, fügte sie hinzu.
Der Vorsitzende des Arbeitgeberverbandes FEB, Rudi Thomaes, kritisierte die Proteste. Der vereinbarte Haushalt sei „ausgeglichen“ und enthalte „wirklich harte Massnahmen für alle“. Die „Kaufkraft der Arbeitnehmer“ sei davon „nicht berührt“, erklärte er im belgischen Radio RTBF.
Schuldenkrise brachte Lösung
In Belgien ist seit April 2010 nur noch eine kommissarische Regierung im Amt. Damals war die Regierungskoalition an einem Streit zwischen Flamen und Frankophonen zerbrochen. Nach den Neuwahlen vom Juni 2010 blieben alle Anläufe für eine neue Regierungsbildung erfolglos.
Nun zwang die Schuldenkrise die zerstrittenen Flamen und Wallonen, sich endlich zu einigen. Die Ratingagentur Standard & Poor’s hatte Belgiens Kreditwürdigkeit am Freitag herabgestuft. Am Wochenende gelang den Lagern ein Durchbruch in den Verhandlungen zum Haushalt 2012. Sie einigten sich auf umfassende Sparmassnahmen.