Zeuge beschreibt im Mladic-Prozess den Kriegshorror

Bomben, Misshandlungen, Abfackeln ganzer Dörfer, Vertreibungen, Leichen und schreiende Verwundete: Der erste Zeuge im Prozess gegen den den früheren bosnisch-serbischen Armeechef Ratko Mladic hat am Montag in den Haag die Schrecken des Krieges erschütternd beschrieben.

Der bosnisch-serbische Armeechef Ratko Mladic (hinten links) in Den Haag (Archiv) (Bild: sda)

Bomben, Misshandlungen, Abfackeln ganzer Dörfer, Vertreibungen, Leichen und schreiende Verwundete: Der erste Zeuge im Prozess gegen den den früheren bosnisch-serbischen Armeechef Ratko Mladic hat am Montag in den Haag die Schrecken des Krieges erschütternd beschrieben.

Nach einer knapp zweimonatigen Unterbrechung hat das UNO-Tribunal für das ehemalige Jugoslawien den Prozess fortgesetzt. Der Prozess war am 17. Mai unmittelbar nach der Anklageverlesung wegen „Unregelmässigkeiten“ ausgesetzt worden. Die Verteidigung der Anklage hatte dem Gericht die Zurückhaltung von Dokumenten vorgeworfen.

Die Staatsanwaltschaft will über 400 Belastungszeugen präsentieren. Mladic selbst betrachtet sich als unschuldig. Bei einer Verurteilung droht ihm lebenslange Haft.

Dem 70-Jährigen werden Völkermord sowie Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Bosnienkrieg (1992-95) zur Last gelegt. Gegen ihn liegen elf Anklagepunkte vor. Mladic wird vor allem für das Massaker von Srebrenica verantwortlich gemacht, bei dem Tausende muslimische Jungen und Männer ermordet wurden.

Zudem wird dem früheren Armeechef die Verantwortung für die 44-monatige Belagerung von Sarajevo zugeschrieben, bei der nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen etwa 10’000 Zivilisten getötet wurden.

Aus dem Nichts erbitterte Feinde

Elvedin Pasic war erst 14 Jahre alt, als er ohne Vorwarnung vom Horror des bosnischen Bürgerkrieges getroffen wurde. Der heute 34 Jahre alte Mann beschrieb am Montag vor dem UNO-Tribunal in Den Haag mit tränenerstickter Stimme, wie aus friedlichen serbischen Nachbarn wie aus dem Nichts erbitterte Feinde für alle Muslime wurden.

Pasic beschrieb, wie er in seinem Dorf Hrvacani nordwestlich von Sarajevo über Jahre mit serbischen Kindern zur Schule ging, Handball oder Fussball spielte und die Ferien gemeinsam verbrachte. Ohne jede Vorwarnung hätten die serbischen Nachbarn im Sommer 1992 alle muslimischen Dörfer angegriffen.

Sein gesamtes Dorf sei „bis auf die Grundmauern niedergebrannt“ worden. Fünf Menschen, die vor dem serbischen Artilleriebeschuss nicht flüchten wollten, seien später als verkohlte Leichen gefunden und bestattet worden.

Die Botschaft der Serben bei diesen „ethnischen Säuberungen“ war nach Darstellung des Zeugen immer die gleiche: „Hier ist kein Platz für Türken, dies ist Serbien!“, hätten die Angreifer die Vertreibungen aller Muslime begründet.

Die Zeugenaussagen sind an Werktagen bis zum 20. Juli geplant. Dann macht das Gericht eine dreiwöchige Sommerpause.

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