ZSC Lions und SCB eröffnen NLA-Saison

Heute Abend beginnt mit ZSC Lions – Bern die NLA-Saison im Eishockey. Die Meisterschaft verspricht Spannung, einen klaren Favoriten gibt es nicht. Die grössten Möglichkeiten besitzen aber die Lions.

ZSC-Lions-Coach Marc Crawford (Bild: SI)

Heute Abend beginnt mit ZSC Lions – Bern die NLA-Saison im Eishockey. Die Meisterschaft verspricht Spannung, einen klaren Favoriten gibt es nicht. Die grössten Möglichkeiten besitzen aber die Lions.

Was haben Bern, Zug, die Kloten Flyers und Fribourg-Gottéron gemeinsam? Die vier Teams mit klingendem Namen haben in den vergangenen zwei Saisons entgegen den Prognosen einmal die Playoffs verpasst. Der Berner Schlüsselspieler Martin Plüss rechnet damit, dass auch in der neuen Saison ein Top-Team um die Playoffs bangen muss. Einen besonderen Stellenwert misst er dem Start zu. «Wenn du mal hinten bist, ist es sehr schwierig, da sich alle gegenseitig Punkte wegnehmen», sagte Plüss. «Es wird sehr zentral sein, dass man von Verletzungen von Schlüsselspielern verschont bleibt.»

Für den Zuger Trainer Harold Kreis gibt es keinen Favoriten. «Der Unterschied zwischen Gewinnen und Verlieren ist oft sehr klein. Das muss man sich bewusst sein.» Es gebe aber sicher eine Handvoll Klubs, die immer vorne dabei seien. Dies zeigt auch die Statistik. Der grösseren Ausgeglichenheit zum Trotz sind in den letzten neun Saisons bloss drei Teams Meister geworden: Davos (viermal), die ZSC Lions (dreimal) und Bern (zweimal). Neben diesem Trio wurde in diesem Jahrtausend nur noch Lugano zweimal Meister.

Allerdings ist es letztmals den Lions 2001 gelungen, den Titel erfolgreich zu verteidigen, was gegen Davos spricht. Die Bündner spielten in diesem Frühjahr überragende Playoffs und verloren bloss drei Partien. Den Triumph hatten dem HCD nach der Verjüngung der Mannschaft nur wenige zugetraut. Auch heuer verloren die Davoser mit den zurückgetretenen Reto und Jan von Arx zwei Routiniers. Vor allem Reto von Arx hat den Verein in den vergangenen Jahren geprägt. Er wird gerade auch in der Kabine eine Lücke hinterlassen. Dennoch ist mit dem Rekordmeister zu rechnen. Der Mix stimmt, mit Andres Ambühl und Félicien Du Bois kann Arno Del Curto, der in seine 20. Saison als HCD-Trainer steigt, vorne und hinten auf starke Leader zählen. An diesen werden die jungen Spieler weiter wachsen. Ein weiteres Plus ist Leonardo Genoni. Kann der Torhüter an seine überragenden Leistungen in den Playoffs anknüpfen, wird der HCD erneut eine Hauptrolle spielen.

Das grösste Potenzial besitzen aber die Lions, die in den letzten beiden Saisons jeweils Qualifikationssieger geworden sind. Die Stadtzürcher sind insbesondere im Sturm exzellent besetzt. Mit der Verpflichtung von Auston Matthews gelang dem ZSC ein spektakulärer Transfer. Der Amerikaner wird zwar am 17. September erst 18 Jahre alt, er gilt jedoch als kommender Superstar in der NHL und dürfte im nächsten Jahr als Nummer 1 gedraftet werden. Die Frage wird jedoch sein, wie schnell er sich ans Männer-Eishockey gewöhnt. «Jede Verpflichtung birgt ein gewisses Risiko», so Lions-CEO Peter Zahner. «Das Risiko mit Auston Matthews ist aber total kalkulierbar und überschaubar. Man weiss, was für eine Qualität zu uns kommt. Aber entscheidend ist sein Charakter. Er ist anständig, ein dankbarer und demütiger Spieler. Er hat keine Star-Allüren. Das ist ganz wichtig.»

Auf dem Papier ist auch Lugano ein heisser Meister-Kandidat. Die Offensive um die beiden besten Skorer der vergangenen Qualifikation, Fredrik Pettersson und Linus Klasen, wurde mit dem schwedischen Center Tony Martensson (St. Petersburg) und Gregory Hofmann (Davos) weiter veredelt. Eine Steigerung ist zudem von Damien Brunner zu erwarten, der erst Mitte Dezember von den New Jersey Devils zu den Tessinern gestossen und unter seinen Möglichkeiten geblieben war. Die Defensive verstärkt Nationalverteidiger Philippe Furrer, der bislang stets für Bern gespielt hat. Die Voraussetzungen sind also gut, wäre da nicht der Playoff-Fluch. Seit dem Gewinn des Meistertitels 2006 ist Lugano nie mehr über die Viertelfinals hinausgekommen. Gelingt es Patrick Fischer in seiner dritten Saison als Trainer nicht, diese Negativserie zu stoppen, dürften dessen Tage gezählt sein.

Bern hat auf die 0:4-Schmach im Halbfinal gegen Davos mit der Verpflichtung dreier neuer Ausländer reagiert: Cory Conacher (Utica Comets/AHL) , Andrew Ebbett (Wilkes-Barre Scranton Penguins/AHL) und Trevor Smith (Toronto Maple Leafs/NHL). Alle drei stammen aus Kanada uns spielen im Sturm. Damit tritt der SCB erstmals seit 1986 ohne ausländischen Verteidiger an. Insgesamt wurden acht neue Spieler verpflichtet. Die Frage ist, wie es sich auswirkt, dass mit Guy Boucher ein Chef an der Bande steht, der eigentlich lieber in der NHL wäre. Gerade wenn es schlecht laufen sollte, könnte sich dies negativ auswirken. Welche Schlüsse wurden aus dem Absturz im Halbfinal gezogen? «Wir haben gemerkt, dass wir von Anfang an allen Spielen eine grosse Bedeutung beigemessen haben. Als es dann am zentralsten war, waren wir nicht mehr frisch genug. Unser Peak war zu früh», so Plüss.

Einen weiteren Schritt vorwärts machen will Zug, nachdem sich die Zentralschweizer in der vergangenen Qualifikation gegenüber dem Vorjahr um sechs Plätze (vom 10. auf den 4. Rang) verbessert haben. In den Playoffs war dann aber im Viertelfinal gegen Davos (2:4) Schluss. Die Zuger verpflichteten mit dem finnischen Center Jarkko Immonen (Nischni Nowgorod) den Topskorer der WM 2011. Die fehlende Breite könnte allerdings bei Verletzungen zum Problem werden.

Wiedergutmachung ist nach dem 10. Platz bei den Kloten Flyers angesagt. Für Sean Simpson, der kurz vor Weihnachten Felix Hollenstein ablöste, den Turnaround aber nicht mehr schaffte, gibt es nun keine Ausreden mehr. Er kann nun nicht mehr sagen, dass einige Spieler nicht genug fit seien. Zudem konnte er als Sportchef das Team nach seinen Wünschen zusammenstellen. So holte er unter anderen mit Erik Gustafsson (Sd), Chad Kolarik (USA/beide Awangard Omsk) und Mark Olver (Ka/Sotschi) drei Ausländer, die allesamt aus der KHL kommen.

Ein Fragezeichen steht hinter Genève-Servette, Halbfinalist in den letzten beiden Saisons, hielt sich doch Chris McSorley auf dem Transfermarkt zurück. McSorley ist jedenfalls gefordert, sind doch auch Biel, Lausanne und Fribourg-Gottéron ernsthafte Playoff-Kandidaten. Die Bieler treten in einem schönen neuen Stadion an und haben das Budget um drei auf 13 Millionen Franken erhöht. Damit sind aber auch die Erwartungen gestiegen.

Für Ambri-Piotta und Aufsteiger SCL Tigers geht es in erster Linie darum, den Ligaerhalt zu sichern. Für mehr dürfte es kaum reichen, da beide Teams substanziell etwa gleich stark sind wie 2014/15. Die Langnauer treten trotz des Aufstiegs mit einem neuen Trainer an: Benoît Laporte löste den für die Vereinsführung zu ruhigen Bengt-Ake Gustafsson ab. Doch reicht das, damit die Euphorie im Emmental nicht schon bald abebbt?

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