Kochbücher scheinen ein unkompliziertes Geschenk zu sein. Dieser Eindruck trügt.
Nahrungsmittel zu verschenken ist immer gut, denn essen müssen alle. Die unverderbliche Alternative dazu sind Kochbücher, ein nützliches und platzsparendes Präsent, sollte man meinen. Aber natürlich ist es etwas komplizierter. Zuerst muss man sicher sein, dass der Mensch, den man beschenken möchte, überhaupt, und wenn ja, dass er nach Rezept kocht. Denn wie ein Bauchtrainer schreit ein Kochbuch danach, benutzt zu werden. Tut man das nicht, fühlt man sich schlecht, und ein Geschenk sollte doch etwas Nettes sein.
Die Auswahl ist auch nicht einfach: Wie bei Essenseinladungen muss man wissen, was der Empfänger nicht isst respektive nicht verträgt, und diese Liste kann heutzutage lang sein (etwa Gluten, Zucker, grünes Gemüse, weisses Gemüse, Gemüse, Sachen mit Gesicht). Wer verunsichert ist, greift meistens zu Bestsellern, da sie eine relativ hohe Trefferquote haben und wenn schon nicht von Geschmack, dann doch wenigstens von einem gewissen zeitgenössischen Interesse zeugen.
Bei den Kochbuchautoren fällt Jamie Oliver unter diese Kategorie. Der Brite nervt zwar mittlerweile ein wenig, aber man kennt ihn, und die Bücher sind gebunden, sehen also teuer aus. Sein neuestes Machwerk trägt den Titel «15-Minuten-Küche», scheint also das Richtige für Vielbeschäftigte zu sein. Nun folgt die letzte Hürde im Kochbuchschenken: der Praxistest. Leider ist Jamie dabei ein bisschen durchgefallen. Um wirklich so zackig zu kochen, muss man erst viele Dinge kaufen, zum Beispiel Blaubeermarmelade, Rogan Josh Paste, Muschelnudeln, Mikrowelle, Bambusdampfkörbe, Bräter und Reiben. Dafür zieht Herrn Olivers Kochbuch viele Folge-Geschenk-Ideen nach sich.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 21.12.12