Zürcher Kinderspital prüft jeden Fall von Knaben-Beschneidung

Das Zürcher Kinderspital (Kispi) führt wieder medizinisch nicht notwendige Knaben-Beschneidungen durch. Neu wird in jedem Einzelfall das Kindeswohl geprüft. Zudem ist jeweils die Zustimmung beider Elternteile notwendig.

Das Kinderspital Zürich führt wieder Beschneidungen bei Knaben durch (Archiv) (Bild: sda)

Das Zürcher Kinderspital (Kispi) führt wieder medizinisch nicht notwendige Knaben-Beschneidungen durch. Neu wird in jedem Einzelfall das Kindeswohl geprüft. Zudem ist jeweils die Zustimmung beider Elternteile notwendig.

Es sei zwar davon auszugehen, dass die medizinisch nicht notwendige Beschneidung an noch nicht urteilsfähigen Knaben „auch in der Schweiz den Straftatbestand der einfachen Körperverletzung erfüllt“, schreibt das Kispi in einer Mitteilung vom Freitag. Sie sei jedoch akzeptiert von Gesellschaft, Kultur und Politik.

Demnach sei es Sache des Bundesgesetzgebers – also des eidgenössischen Parlaments – , „solche Beschneidungen von Knaben allenfalls unter Strafe zu stellen“. „Zum heutigen Zeitpunkt“, so das Kispi, müsse ein Arzt nicht mit einer Anklage rechnen, wenn er eine medizinisch nicht begründete Beschneidung durchführe.

Kindeswohl im Zentrum

Die Kispi-Geschäftsleitung habe zusammen mit internen und externen Ethikfachleuten entschieden, dass künftig bei medizinisch nicht indizierten Beschneidungen eine Einzelfallabwägung zu erfolgen habe. Im Zentrum stehe das Kindeswohl, das in jedem Fall sorgfältig abgeklärt werde.

Das Kispi sei sich bewusst, dass die weltweit verbreitete Knabenbeschneidung auf alte Traditionen zurückgehe. Sie sei aus dem Glauben oder sozial begründet, heisst es in der Mitteilung weiter.

Das Kinderspital hatte Mitte Juli die medizinisch nicht notwendigen Knaben-Beschneidungen gestoppt, nachdem ein deutsches Gericht diese Eingriffe als Körperverletzung und damit als strafbar eingestuft hatte. Ziel des Marschhaltes sei es gewesen, ein Vorgehen zu erarbeiten, das dem Kindeswohl maximal Rechnung trage, so die Mitteilung.

Im Durchschnitt werden am „Kispi“ eine bis zwei medizinisch nicht begründete Beschneidungen pro Monat durchgeführt. Diese Zahl ist seit Jahren relativ konstant.

Eine Privatperson hatte zudem Anzeige wegen Körperverletzung erstattet. Die Zürcher Staatsanwaltschaft wollte jedoch nicht darauf eingehen. Die Beschneidung von Knaben ist im Strafgesetzbuch nicht geregelt.

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