Das Zürcher Bezirksgericht hat am Dienstag einen 54-jährigen Sozialpädagogen wegen sexueller Handlungen mit Anstaltspfleglingen und sexueller Nötigung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt.
Seinen Missbrauch bezeichnete er vor Gericht vergeblich als «gegenseitige Liebesbeziehung». «Es hat sich so ergeben», sagte der Beschuldigte vor Gericht. Er habe die 19-jährige Insassin als normale, erwachsene Frau betrachtet.
Beim Opfer handelte es sich um eine Bewohnerin eines Zürcher Wohnheimes. Bereits als fünfjähriges Kind war sie von ihrem Onkel missbraucht worden. Sie galt als psychisch sehr labil, was auch dem Sozialpädagogen bewusst war.
Trotzdem nahm er ab September 2007 eine sexuelle Beziehung zu der jungen Frau auf. Der erste Übergriff geschah beim Baden in einem See: Unter Wasser gab der Mann dem ihm anvertrauten Missbrauchsopfer einen Zungenkuss. Danach kam es immer wieder zu sexuellen Handlungen, wobei der Mann die Heimbewohnerin auch zu sich nach Hause einlud.
Gemeinsam gekocht und Filme angesehen
Die Frau duldete die intimen Kontakte, weil sie sich vor ihm als Entscheidungsträger im Wohnheim fürchtete. Im Winter 2008 soll der Beschuldigte die junge Frau auch sexuell genötigt und gegen ihren Willen zum Sex gezwungen haben. Erst nachdem der Mann seinen Arbeitsplatz gewechselt hatte, wagte die Frau, über die Übergriffe zu sprechen.
Vor Gericht gab der Pädagoge die sexuellen Kontakte zwar zu, sprach aber von einer gegenseitigen Liebesbeziehung. Man habe gemeinsam gekocht, Filme angesehen und sei Wandern gegangen.
Seine Anwältin forderte denn auch einen vollen Freispruch. Anders sah es die Staatsanwältin, die eine bedingte Freiheitsstrafe von 18 Monaten und eine Busse von 1000 Franken forderte. Der Pädagoge habe seine Stellung als Vaterfigur ausgenützt.
Verurteilter darf weiter mit Frauen arbeiten
Das Gericht glaubte den Darstellungen der jungen Frau und verurteilte den heute arbeitslosen Sozialpädagogen zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten. Der Beschuldigte sei für die Geschädigte verantwortlich gewesen und zu weit gegangen.
Einen Freispruch gab es jedoch für den Anklagepunkt der Vergewaltigung. Beim angeblich nicht einvernehmlichen Sex sei es für den Mann nicht ersichtlich gewesen, dass das Opfer nicht damit einverstanden gewesen sei.
Der Mann muss seinem ehemaligen Schützling ein Schmerzensgeld von 8000 Franken zahlen. In eine DNA-Datenbank für sexuelle Straftäter wird der Verurteilte aber nicht aufgenommen. Er darf zudem auch während seiner Bewährungsstrafe weiterhin mit weiblicher Klientel arbeiten.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Verurteilte kann den Fall ans Obergericht weiterziehen.