Das Kräfteverhältnis in der Zürcher Stadtregierung hat sich nochmals zu Gunsten von links-grün verändert: In der Wahl um die Nachfolge von Stadtrat Martin Vollenwyder verlor die FDP dessen Sitz an die Alternative Liste, die erstmals in die Exekutive einzieht.
Der Kandidat der Alternativen Liste, Richard Wolff, siegte mit einem Vorsprung von 685 Stimmen ganz knapp vor seinem Kontrahenten Marco Camin von der FDP. Auf Wolff entfielen 27’550 Stimmen, für Camin votierten 26’865 Stimmberechtigte. Die Stimmbeteiligung lag bei 28,3 Prozent. Im ersten Wahlgang waren es 34,65 Prozent gewesen.
Der dritte Kandidat, der parteilose Toni Stadelmann, konnte 761 Stimmen holen. 3870 Stimmberechtigte legten einen leeren Wahlzettel ein. Das waren deutlich weniger als im ersten Wahlgang vom 3. März: Damals konnten sich 13’675 Personen nicht entscheiden.
Spannend bis zum Schluss
Richard Wolff zeigte sich in einer ersten Reaktion sehr erfreut über die Wahl. Sie sei so knapp ausgegangen, wie erwartet. Bis zum letzten Kreis sei es spannend geblieben. Welches Departement er erhalten wird, weiss er noch nicht – die Departementsverteilung findet am 15. Mai statt.
Der neu gewählte Stadtrat nannte mehrere Themen, in denen er sich vor allem engagieren wolle: Wohnen, Verkehr – vor allem Langsam- und öffentlicher Verkehr -, Kinderbetreuung und die Umsetzung der 2000-Watt-Gesellschaft. Aber auch etwa Steuerfragen seien wichtig.
Ein enttäuschter Marco Camin erklärte seine Niederlage damit, dass es Wolff schlussendlich offenbar besser gelungen sei, die Wählerinnen und Wähler zu mobilisieren. Camin kritisierte zudem die Berichterstattung im Wahlkampf: es sei um «Büroklammern statt um Inhalte» gegangen.
Klare Richtungswahl
Die Ersatzwahl war ganz klar eine Richtungswahl: Auf der einen Seite der bürgerliche Kandidat der FDP, auf der anderen der prononciert Linke der AL. Damit sitzen im Stadtrat nur noch zwei Bürgerliche, je einer von FDP und CVP. Die SP hält vier Sitze, die Grünen zwei und neu die AL einen.
Die links-grüne Seite hat damit ein deutliches Übergewicht. Dies könnte zu einer Blockade führen im Zusammenspiel mit dem Parlament: Dort verfügen SVP, FDP und GLP, die häufig gemeinsam stimmen, über insgesamt 53 Sitze. Hinzu kommen 7 CVP-Parlamentarier. SP, Grüne und AL verfügen gemeinsam über 59 Sitze. Von der EVP sitzen vier und von den Schweizer Demokraten 2 Vertreter im Gemeinderat.
Allerdings finden bereits kommenden Februar Gesamterneuerungswahlen statt. Wie die Karten in Regierung und Parlament dort gemischt werden, ist offen. Bisher steht erst fest, dass SP-Stadtrat Martin Waser nicht mehr antritt.