Zürcher SVP fordert im Fall «Carlos» eine PUK

Der sogenannte Fall «Carlos» hat am Montag im Zürcher Kantonsrat für Unmut gesorgt. Mehrere bürgerliche Parteien forderten den Regierungsrat auf, Transparenz zu schaffen. Die Grünen wollen den Bericht der Regierung abwarten.

Vorerst ausgeboxt: Straftäter "Carlos" wurde verlegt (Symbolbild) (Bild: sda)

Der sogenannte Fall «Carlos» hat am Montag im Zürcher Kantonsrat für Unmut gesorgt. Mehrere bürgerliche Parteien forderten den Regierungsrat auf, Transparenz zu schaffen. Die Grünen wollen den Bericht der Regierung abwarten.

Die SVP forderte gar die Einsetzung einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK). Seine Partei sei schockiert über «das Ausmass der im zürcherischen Jugendstrafvollzug gelebten Verhätschelungspolitik», sagte der Fraktionssprecher. Dieser Fall sei kein Einzelfall. Seit Jahren gebe es Missstände im Jugendstrafvollzug, «dem Tummelfeld von Sozialpädagogen und Gutmenschen.»

Jetzt sei es an der Zeit, auf- und vor allem auszuräumen, sagte der Sprecher weiter. Mittels einer PUK solle die Jugendstaatsanwaltschaft «lücken- und schonungslos» durchleuchtet werden.

Kritik an der «Streichelpädagogik» äusserte auch die BDP. Der Fall «Carlos» sprenge alle Grenzen. «Unter Resozialisierung und Integration verstehen wir etwas anderes», sagte der Fraktionssprecher.

«Stark irritiert»

Auch die BDP befürchtet, dass es sich bei «Carlos» nicht um einen Einzelfall handelt. «Wir wollen Transparenz und fordern eine detaillierte Aufstellung der bisherigen Kosten.» Zudem müssten alle Fälle geprüft werden.

«Stark irritiert» von der Medienberichterstattung der vergangenen Tage zeigte sich die CVP. Man frage sich, ob hier die Eigenverantwortung in genügendem Mass eingefordert oder die Solidarität der Gesellschaft überstrapaziert werde, sagte der Sprecher.

Dass junge Straftäter in die Gesellschaft integriert und nicht einfach weggesperrt werden, sei sicher richtig. Doch im Falle von «Carlos» könne man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dieser seinen Betreuern auf der Nase herumtanze.

Der zuständige Jugendanwalt Hansueli Gürber habe mit dem Portrait im Fernsehen «weder sich noch dem Jugendstrafrecht einen guten Dienst erwiesen», sagte die Sprecherin der Grünen. Daran lasse sich nichts beschönigen. Es sei auch richtig, dass Justizdirektor Martin Graf (Grüne) sich im Detail dazu informieren lasse.

«Gesellschaftsfähigkeit stärken»

Der Film habe grosses Unverständnis ausgelöst. Die jetzige Diskussion dürfe sich aber nicht auf den Einzelfall beschränken. Das Jugendstrafrecht sei primär massnahmenorientiert und diene dem Ziel, die Gesellschaftsfähigkeit der Jugendlichen zu stärken. Gelinge dies, koste das auf Dauer weniger als eine kriminelle Karriere mit vielen Gefängnisaufenthalten, sagte die Sprecherin.

Leute wie Hansueli Gürber übernähmen in einer gesellschaftlich zentralen Frage hohe Verantwortung. «Es ist leicht, diesen Leuten in den Rücken zu fallen, wenn man selber keine Verantwortung übernehmen muss.» Laut den Grünen wäre es deshalb besser, den Bericht der Regierung abzuwarten.

Fall «Carlos»

Im Portrait des Schweizer Fernsehens SRF über den Jugendanwalt Gürber wurde der Fall des 17-jährigen Jugendlichen «Carlos» geschildert. Der Strafvollzug des mehrfach Vorbestraften kostet laut Gürber 22’000 Franken monatlich.

«Carlos» wird von zahlreichen Fachleuten begleitet. Zusammen mit einer Betreuerin bewohnte er eine Wohnung. Er arbeitet nicht, dafür besucht er regelmässig ein Thai-Box-Training.

Über den Fall wurde in zahlreichen Medien berichtet. Justizdirektor Graf reagierte darauf und gab bei der Jugendanwaltschaft einen Bericht in Auftrag. Darin sollen der Fall des jugendlichen Straftäters aufgearbeitet und Fragen beantwortet werden. Der Bericht dürfte bis Ende Woche vorliegen.

Am Montagabend teilte die Oberjugendanwaltschaft Zürich mit, dass «Carlos» verlegt wurde. «Zum Schutz des Jugendlichen und zur Sicherung der Massnahme wurde der Jugendliche durch die Jugendanwaltschaft geschlossen untergebracht.» Die Behörde begründet den Schritt damit, dass die Medienaufmerksamkeit zur Folge hatte, dass Wohn- und Aufenthaltsorte von «Carlos» bekannt geworden seien.

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