Er gehörte zu den bestechendsten Randfiguren der jüngeren Hollywoodgeschichte – und wurde als «Capote» auch zu einem oscarreifen Hauptdarsteller: Philip Seymour Hoffman. Im Alter von 46 Jahren ist er in seiner New Yorker Wohnung gestorben. Eine Hommage in 7 Filmen.
Philip Seymour Hoffman ist tot. Das ist sehr traurig. Vielleicht werden sich jetzt erst alle Menschen seinen Namen merken können. Denn das hätte er verdient, gehörte er doch in den letzten 20 Jahren zu den ganz grossen Schauspielern des amerikanischen Independent-Films, zu jener Crème, die sehr oft in Nebenrollen brillierte, aber selten in den dicksten Lettern auf den Filmplakaten vertreten war.
«Eine wunderschöne Seele», twitterte Komiker Jim Carrey, als er vom Tod seines Berufskollegen erfuhr. «Für die Sensibelsten unter uns kann der Lärm zu viel werden.»
Dear Philip, a beautiful beautiful soul. For the most sensitive among us the noise can be too much. Bless your heart. ;^{
— Jim Carrey (@JimCarrey) 2. Februar 2014
Offenbar erlag Hoffman einer Überdosis. In seinem New Yorker Appartment sei er tot aufgefunden worden, die Nadel noch im Arm. Er selbst war erst 46 Jahre alt, seine drei Kinder sind noch im Primarschulalter.
Aus diesem traurigen Anlass: Unsere Hommage an einen nur scheinbar unscheinbaren Darsteller der vergangenen 20 Jahre, der auch in seinen kürzesten Auftritten dazu beitrug, dass ein Film gross wurde.
1. Boogie Nights (1997)
In diesem brillanten Sittenbild fiel er uns erstmals auf. Und nicht nur er: Das gesamte Setting, das gesamte Ensemble machte «Boogie Nights» zu einem der eindrücklichsten Filme der 1990er-Jahre. Der junge Regisseur Paul Thomas Anderson erreichte zwar nie ganz dieselbe kommerzielle Flughöhe wie Quentin Tarantino oder die Coen Brothers, die im gleichen Jahrzehnt erstmals Aufsehen erregten. Aber was er hier auf die Leinwand zauberte, war schlicht umwerfend, vom exquisiten Discosoundtrack bis zur Besetzung in den Nebenrollen – darunter ein pummeliger Dussel, Assistent einer Pornofilmfirma, schwul, einsam, ungeschickt. Scotty hiess er, hatte nur einen kurzen Auftritt, spielte sich aber sofort in unsere Herzen. Dank Philip Seymour Hoffman. Unvergesslich, so wie der gesamte Film.
2. The Big Lebowksi (1998)
«Boogie Nights» brach das Eis. Nicht nur für Philip Seymour Hoffman. Der Ensemblefilm machte alle Darsteller überaus begehrt. Einige Jahre lang war Hoffman – vergleichbar mit den Schauspielkollegen William H. Macy oder John C. Reilly, die zur selben Zeit ihren Durchbruch in Hollywood schafften – in fast jedem starken US-Autorenfilm vertreten. So etwa in «The Big Lebowski» der Coen-Brüder, wo er als überkorrekter Butler des wahren Lebowski einen kurzen Auftritt hinlegte, mit dem er seine Karriere weiter vorantrieb.
3. Magnolia (1999)
Mit einem Regisseur verband ihn über all die Jahre die engste Freundschaft: Paul Thomas Anderson. «Boogie Nights» bildete den Anfang, «The Master», der Film über einen Sektenführer, der 2012 in Venedig Premiere feierte, das Ende. Dazwischen: Auftritte in weiteren bemerkenswerten Filmen wie der schrägen Komödie «Punch Drunk Love» und dem 24-Stunden-Episodenfilm «Magnolia».
4. Almost Famous (2000)
Eine weitere Indie-Perle dieser aufregenden Epoche, als sich in den USA zahlreiche interessante Autorenfilmer und Darsteller etablierten: «Almost Famous», Cameron Crowes Hommage an die Ära des Stadion-Rocks. Hoffman spielte darin den legendären Rockkritiker und Chronisten Lester Bangs – und erklärt in dieser Szene dem jungen Nachwuchsjournalisten, was ihresgleichen von den Rockstars unterscheidet: «We’re uncool.»
5. The Talented Mr Ripley (1999)
Ein schönes Beispiel für die gestische Ausdruckskraft von Hoffman: In der Neuverfilmung des talentierten Mr Ripley stand er zwar auf den Plakatwänden im Schatten von Matt Damon, Jude Law und Gwyneth Paltrow. Aber er spielte sie als Freddie Miles alle an die – nun ja – Leinwand.
6. Capote (2005)
Durchaus eine Art Method Acting konnte man aus ihm herauslesen. Paul Newman sei sein grosses Idol gewesen, wie er aber hier in eine Figur schlüpfte, hatte schon Brando-Qualitäten. Wofür er 2006 goldig belohnt wurde: Seine Verkörperung des exzentrischen Schriftstellers Truman Capote überzeugte die Academy, die ihm den Oscar zugestand. Damit hatte er sich endgültig aus dem Schatten ins Scheinwerferlicht herausgespielt, und den Oscar nun wirklich verdient. In nur einem Monat wurde der gesamte Film abgedreht, Hoffman erschien bravourös vorbereitet, von den Manierismen bis zur Fistelstimme – und bot auf dem Set eine so überzeugende Darstellung von Capote, dass er den gesamten Film fast im Alleingang trug.
7. ????
Wie immer beschränken wir uns in unserer Liste auf 7 Beispiele. Den siebten Film von Philip Seymour Hoffman, an den wir erinnern möchten, lassen wir aber ganz bewusst offen. Sie können hier «Mission Impossible 3» einsetzen, «The Ides Of March», oder «The Master». Vielleicht aber auch einfach Platz lassen für das, was noch kommt.
Denn erst vor zwei Wochen feierte der Schauspieler noch eine Premiere, beim Sundance Film Festival: «God’s Pocket» heisst der Film, worin er an der Seite von John Turturro zu sehen sein wird. Einer seiner letzten Auftritte vor der Kamera, einer von insgesamt 60 Filmen.