Die Proteste der Landwirte in Griechenland gegen neue Sparmassnahmen haben am Freitag einen neuen Höhepunkt erreicht: Tausende Bauern trugen ihre seit mehr als zwei Wochen andauernden Proteste von den Provinzen in die griechische Hauptstadt Athen.
Bereits am frühen Morgen kamen an Bord von Fähren Bauern aus Kreta und begaben sich zum Landwirtschafsministerium. «Los für den grossen Angriff», sagte im kretischen Dialekt einer der Anführer der Landwirte.
Mit geschnitzten Hirtenstöcken schlugen die Bauern auf die Polizisten ein. Es flogen Steine und Tomaten durch die Gegend. Es dauerte nicht lange und die Polizei setze massiv Tränengas und Schlagstöcke ein.
Nach Polizeiangaben wurden bei den Zusammenstössen zehn Beamte leicht verletzt. Mindestens fünf Menschen seien in Polizeigewahrsam genommen worden. An dem Gebäude des Landwirtschaftsministeriums sind erhebliche Schäden entstanden.
Zu heftigen Zusammenstössen zwischen Bauern und der Polizei ist es auch in zwei Vororten von Athen gekommen. Tausende Bauern aus dem Peloponnes wollten mit ihren Traktoren ins Stadtzentrum fahren.
Die Regierung hatte vorgesorgt, damit kein Verkehrschaos in Athen verursacht wird: Ein grosses Aufgebot von Sondereinheiten der Polizei sperrte sämtliche Zufahrtsstrassen nach Athen. Dadurch kam es auch dort zu Krawallen, bei denen die Beamten Tränengas einsetzten und die Landwirte mit ihren Stöcken Polizeifahrzeuge zerstörten.
Die Polizei liess symbolisch etwa 100 Bauern mit ihren Traktoren in die Stadt fahren. Am Nachmittag erreichten mehrere Tausend Landwirte das Stadtzentrum von Athen.
Bauern fühlen sich betrogen
Vor dem Parlament protestieren die Bauern lautstark gegen die geplante Renten- und Steuerreform. «Tsipras (der Ministerpräsident) hat uns reingelegt. Er hatte versprochen, es werde keine neuen (Steuer) Lasten geben. Jetzt werden wir durch die neuen Steuern in den Ruin getrieben», sagte ein aufgebrachter Bauer aus Kreta im Fernsehen.
Die Landwirte wollen den symbolträchtigen Syntagma-Platz unweit des Parlaments bis am Sonntag besetzen, am Samstag ist eine Grossdemonstration geplant. Einige hatten Obst und Gemüse im Gepäck, darunter kistenweise Mandarinen, die sie an Passanten verschenkten. Die Bauern haben gedroht, Häfen, Grenzen und Flughäfen zu blockieren.
Regierung gibt sich gesprächsbereit
Landwirtschaftsminister Vangelis Apostolou verurteilte die Ausschreitungen. Sie stellten den friedlichen Protest der breiten Masse der Landwirte in ein schlechtes Licht. Er rief die Bauern zum Dialog auf. Der für den Bürgerschutz verantwortliche Minister Nikos Toskas sagte im Fernsehen, rechtsextremistische Elemente steckten hinter den Ausschreitungen.
Die Landwirte sollen, wie auch viele Freischaffende, mit höheren Steuern und Abgaben zur Sanierung der schwer defizitären Rentenkassen und der Finanzen des Landes beitragen. Griechenland muss auf Druck seiner internationalen Gläubiger die staatlichen Rentenausgaben um 1,8 Milliarden Euro reduzieren.
Für die Bauern sind unter anderem eine schrittweise Anhebung der Abgaben für die Pensionskasse von 7 auf 20 Prozent vorgesehen. Zudem soll ihre Einkommenssteuer bis 2017 verdoppelt und Vorteile wie vergünstigtes Benzin gestrichen werden.
Regierungschef Alexis Tsipras hat wiederholt gewarnt, wenn die Reformen nicht umgesetzt würden, werde das Rentensystem bald zusammenbrechen. Die Reformen sind zudem Voraussetzung für weitere Hilfen der Gläubiger.