Gleicher Film, gleiche Altersbeschränkung: Ab 2013 gelten in der ganzen Schweiz einheitliche Alterslimiten für Kinofilme. Darauf hatten sich die Kantone vor einem Jahr geeinigt. Eine 60-köpfige Kommission legt künftig das Zulassungsalter schweizweit fest.
Mit der Gründung der Schweizerischen Kommission Jugendschutz im Film werde dem „Käntönligeist“ beim Kino-Zutrittsalter ein Ende gesetzt, sagte Hans-Jürg Käser, Präsident der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) am Montag vor den Medien in Bern.
Die Kommission gibt Empfehlungen zum Zulassungsalter für Filmvorführungen und audiovisuelle Bildtonträger ab – beispielsweise DVD.
Sie kann die Empfehlung der deutschen Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) übernehmen oder selber eine solche festlegen. Liegt kein FSK-Rating vor, schlägt die Kommission ein Zulassungsalter vor.
Die 60-köpfige Kommission setzt sich zu je einem Drittel aus Branchen- und Behördenvertretern sowie aus unabhängigen Fachleuten zusammen.
Langer Streit
Die Regelung war bisher Aufgabe der Kantone. Manche übertrugen sie den Gemeinden. In St. Gallen und Bern durften die Kinos selbst die Limiten festlegen. In verschiedenen Kantonen gab es bereits Kommissionen.
Sechs Jahre lang hatten der Verband der Verleiher und Kinobetreiber Procinema, der Schweizerische Videoverband, die KKJPD und die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) um eine Harmonisierung gerungen.
Der Streitpunkt: In der lateinischen Schweiz wehrten sich viele gegen die Idee, das Kino-Zulassungsalter grundsätzlich von der FSK zu übernehmen – wegen der kulturellen Unterschiede.
Doppelte Einsprachemöglichkeit
Marc Flückiger, erster Präsident der neuen Kommission, verneinte diese regionalen Unterschiede bei der Bewertung von Filmen gegenüber der Nachrichtenagentur sda nicht. So toleriere die Romandie beispielsweise erotische Szenen tendenziell eher als die Deutschschweiz, lege aber einen strengeren Massstab bei Gewalt an.
Das Problem einer unterschiedlichen Hemmschwelle von französisch- und deutschsprachigen Filmen sieht Flückiger in Zukunft trotzdem nicht: „Es gibt eine doppelte Einsprachemöglichkeit.“ So können vier Kommissionsmitglieder, ein Kanton oder der betroffene Verleiher gegen den ersten Altersvorschlag der Kommission rekurrieren.
Nach dem Entscheid eines 3-köpfigen Kommissionsgremiums können dieselben Parteien noch ein zweites Mal ihre Bedenken anmelden. In diesem Fall setzen sich dann fünf andere Kommissionsmitglieder mit dem Alterslimit auseinander.
Auch wenn erst in einem Jahr eine erste Bilanz gezogen werden könne, so vermutet Flückiger keine grossen Veränderungen bei der Beurteilung der Altersfreigaben in Schweizer Kinos.
Ausnahmen Zürich und Tessin
In zwei Kantonen wird die Regelung am 1. Januar 2013 noch nicht in Kraft treten. In Zürich haben drei Verleiher Beschwerde gegen die neue Filmverordnung erhoben, mit welcher der Wechsel auf das neue System ermöglicht werden soll.
Auch im Tessin wird das Regime nicht per Anfang Jahr eingeführt. Weil dort Filme häufig auf Italienisch laufen, aber in Deutschland in einer anderen Sprache beurteilt werden, wehren sich die Behörden gegen die neue Regelung. „Wir arbeiten an einer Lösung“, sagte KKJPD-Generalsekretär Roger Schneeberger dazu.
So sollen mindestens fünf Personen aus der italienischsprachigen Schweiz für die Visionierung der italienischen Filme zuständig sein.