In den ersten drei Monaten des laufenden Jahres sind deutlich weniger Personen in die Schweiz eingewandert als in der Vorjahresperiode. Gleichzeitig verliessen mehr Personen die Schweiz. Unter dem Strich hat die Zuwanderung um über 30 Prozent abgenommen.
Seit der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative diskutiert die Schweiz intensiv über die Frage, wie die Zuwanderung begrenzt werden könnte. Lange fand die Diskussion vor dem Hintergrund steigender Zahlen statt. Nun vermeldet der Bund einen deutlichen Rückgang.
Vergangene Woche waren bereits die Zahlen von Januar und Februar bekannt geworden. Am Dienstag hat das Staatssekretariat für Migration (SEM) die Bilanz für das gesamte erste Quartal und die Details dazu veröffentlicht.
Angespannte Wirtschaftslage
Der Bund erklärt sich den Rückgang mit wirtschaftlichen Faktoren, etwa der «harzenden» wirtschaftlichen Entwicklung in der Schweiz, wie SEM-Sprecherin Léa Wertheimer auf Anfrage sagte. In Deutschland sei die Lage besser, in Spanien und Portugal erhole sich die Wirtschaft. Das widerspiegle sich in den Zahlen.
Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB), wies letzte Woche ebenfalls auf die Wirtschaft hin, namentlich auf die Frankenstärke in der Schweiz und die Beschäftigungslage in Deutschland.
Weniger Einwanderung, mehr Auswanderung
Zwischen Januar und März 2016 sind 35’309 Personen in die Schweiz eingewandert, 9,7 Prozent weniger als in der Vorjahresperiode. Gleichzeitig wanderten 18’830 Personen aus, 11,5 Prozent mehr als in der Vorjahresperiode. Die ständige ausländische Wohnbevölkerung wuchs damit im ersten Quartal um 15’027 Personen. Im Vergleich zur Vorjahresperiode entspricht das einer Abnahme des Wanderungssaldos um 34,5 Prozent.
Ende März lebten insgesamt 2’004’263 Ausländerinnen und Ausländer in der Schweiz. Davon waren 1’371’572 Bürgerinnen und Bürger aus EU- und EFTA-Staaten. Der Anteil der EU-Bürger an der ständigen Wohnbevölkerung beträgt 68 Prozent.
Weniger Zuwanderung in den Arbeitsmarkt
Abgenommen hat sowohl die Zuwanderung in den Arbeitsmarkt als auch der Familiennachzug. Zwischen Januar und März wanderten 32’667 Personen aus EU- und EFTA-Staaten in die Schweiz ein, um eine Arbeitsstelle anzutreten. Das sind 14,7 Prozent weniger als in der Vorjahresperiode. In dieser Zahl sind Personen der ständigen und nicht ständigen ausländischen Wohnbevölkerung enthalten, also auch Ausländer mit einer Kurzaufenthaltsbewilligung von unter einem Jahr.
Die meisten Einwanderer verzeichnete im März des laufenden Jahres die Branche «Planung, Beratung und Informatik» mit 2145 Personen. An zweiter Stelle liegt das Gastgewerbe mit 1241 Personen, an dritter die Landwirtschaft mit 868 Personen. Es folgen das Gesundheitswesen und das Baugewerbe.
Weniger Familiennachzug
Im Rahmen des Familiennachzugs sind im ersten Quartal 10’880 Personen in die Schweiz eingewandert, 8 Prozent weniger als in der Vorjahresperiode. Abgenommen hat der Familiennachzug vor allem bei Personen aus EU-/EFTA-Staaten. Bei Drittstaatenangehörigen nahm er gegenüber dem ersten Quartal des Vorjahres um 1,5 Prozent zu.
Zugenommen hat zuletzt ausserdem die Zahl der Grenzgängerbewilligungen: Im März 2016 wurden rund 14 Prozent mehr Bewilligungen erteilt als im März 2015, aber weniger als im März 2914. Diese Zahl schwanke stark, sagte Wertheimer dazu.
Mehr Einbürgerungen
Markant zugenommen hat ferner die Zahl der Einbürgerungen: Zwischen Januar und März liessen sich 8789 Personen einbürgern, 40,5 Prozent mehr als in der Vorjahresperiode. Am häufigsten liessen sich Italienerinnen und Italiener einbürgern, gefolgt von Personen aus Deutschland, Kosovo und der Türkei.
Das könnte mit dem neuen Bürgerrechtsgesetz zu tun haben, das teilweise höhere Anforderungen stellt, etwa an die Sprachkenntnisse. Möglicherweise bewog das manche dazu, noch nach altem Recht eine Einbürgerung zu beantragen. Das Parlament hatte das Gesetz im Sommer 2014 verabschiedet. Auch die Diskussionen in den letzten Jahren über die Ausschaffungs- und die Durchsetzungsinitiative könnten eine Rolle gespielt haben.
Das SEM erhebt die Gründe nicht und kann somit nicht erklären, weshalb die Einbürgerungen gerade jetzt zugenommen haben. Tatsache sei aber, dass rund 900’000 Personen in der Schweiz die formellen Bedingungen erfüllten, stellte Wertheimer fest.