Nach dem nicht für möglich gehaltenen Verlauf in Wimbledon wird es in diesem Jahr auf jeden Fall eine neue Siegerin bei den Frauen geben. Heute finden zwei überraschende Halbfinals statt.
Sabine Lisicki hat mit der polnischen Vorjahresfinalistin Agnieszka Radwanska die vorletzte Hürde zum ersten deutschen Major-Triumph an der Church Road seit Steffi Graf 1996 vor sich, im zweiten Halbfinal treffen die Französin Marion Bartoli und die Belgierin Kirsten Flipkens aufeinander.
Lisicki wird seit ihrem Achtelfinal-Sieg über die haushohe Favoritin auf den Turniersieg, Serena Williams, nicht nur bei den Buchmachern hoch gehandelt. «Es ist grossartig, dass wir einen neuen Champion haben werden und es zeigt wieder einmal, dass dieser Sport so unvorhersehbar sein kann», sagte Tennis-Legende Martina Navratilova, neunfache Gewinnerin in Wimbledon. Sie tippte schon nach dem Erfolg der 23-jährigen, immer lächelnden Deutschen über Williams auf Lisicki.
In der unteren Tableauhälfte kämpfen Marion Bartoli, die wie Radwanska schon einmal (2007) im Final von Wimbledon stand, und noch viel überraschender Kirsten Flipkens um den Einzug ins Endspiel. Flipkens‘ Karriere wäre schon zweimal vorüber gewesen – hätte sie auf den Rat ihrer Ärzte gehört. Viele Verletzungen aber vor allem auch eine schlimme Diagnose im April 2012, als in ihrem Bein gleich vier Blutgerinnsel konstatiert wurden, hatten nicht nur ihre Karriere bedroht. Die Gefahr, eine Lungenembolie oder eine Thrombose zu erleiden, war gross.
Flipkens fiel bis auf Platz 262 im Ranking zurück. Doch niemand hatte mit dem Kampfgeist der 27-jährigen Belgierin gerechnet. Selbst die Unterstützung des Verbandes hatte Flipkens damals verloren. «Es gab nicht mehr viele Leute, die noch an mich geglaubt haben. In harten Zeiten lernst du, wer deine Freunde sind», erinnerte sich Flipkens. Doch im vergangenen Januar drang Flipkens erstmals in ihrer Karriere beim Australian Open in ein Major-Achtelfinal vor und bis vor Wimbledon kämpfte sich die nur 1,65 m grosse Belgierin bis auf Platz 20 hoch.
«Letztes Jahr bin ich in Wimbledon nicht einmal in die Qualifikation gekommen, heute bin ich Halbfinalistin bei einem Grand Slam», freut sich Flipkens. «Das ist mehr als ein Traum, der wahr geworden ist.» Ihr Viertelfinal-Sieg über Petra Kvitova, die Siegerin von 2011, war nicht nur die nächste grosse Überraschung, er bedeutete auch das Aus der letzten Grand-Slam-Siegerin im Wettbewerb.
Flipkens denkt auch selbst, dass sie der überraschendste Name im Halbfinal ist. Ihr könnte etwas gelingen, was ihren berühmten Landsfrauen Kim Clijsters und Justine Henin nicht gelungen ist: Als Belgierin die Wimbledon-Trophäe zu gewinnen.