Zweiter Anlauf im Prozess gegen Hells Angels vor Bundesstrafgericht

Am Dienstag ist vor Bundesstrafgericht der im letzten Herbst abgebrochene Prozess gegen drei Hells Angels und einen früheren Chef der Rockergruppe fortgesetzt worden. Die Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe der Bundesanwaltschaft (BA) weitestgehend.

Ein Mitglied der Hells Angels beim Eingang des Bundestrafgerichtes in Bellinzona (Bild: sda)

Am Dienstag ist vor Bundesstrafgericht der im letzten Herbst abgebrochene Prozess gegen drei Hells Angels und einen früheren Chef der Rockergruppe fortgesetzt worden. Die Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe der Bundesanwaltschaft (BA) weitestgehend.

Ein erster Anlauf im Prozess gegen die vier Rocker war im Oktober 2011 wegen dem Beweismittel-Chaos der BA gescheitert. Nachdem sie ihre Aufzeichnungen von Raumüberwachungen und Abhörungen neu geordnet und in lesbarem Format vorgelegt hat, konnte der Prozess am Dienstag in Bellinzona nun fortgesetzt werden.

Hauptbeschuldigter Ex-Präsident

Unter dem Blick von rund zehn mitgereisten Klubkollegen wurden die Beschuldigten zunächst wenig ergiebig zu den Taten befragt, welche sie 2003 und 2004 begangen haben sollen. Die BA lastet ihnen teilweise schwere Drogendelikte an, den Versuch zu Erpressung und Entführung, sowie Vorbereitungen zu einem Raub.

Der Hauptbeschuldigte gehört seit 2004 nicht mehr zum Motorradklub, war bis dahin aber Präsident des Hells Angels MC Zürich. Er soll an allen Straftaten beteiligt gewesen sein und verweigerte am Dienstag die Antwort auf nahezu alle Fragen, soweit er die Vorwürfe der BA nicht als „Scheissdreck“ bezeichnete.

Kerngeschäft „Grünes Gold“

Die drei anderen sollen laut BA nur an einzelnen Delikten als Mittäter oder Gehilfen teilgenommen haben. Sie bestritten die Vorwürfe fast durchgehend oder gaben an, sich nicht mehr erinnern zu können. Eingeräumt wurde von einem der Betroffenen einzig, an einem Hanftransport beteiligt gewesen zu sein.

In ihrem am Nachmittag begonnenen Plädoyer bezeichnete die Staatsanwältin des Bundes Lucienne Fauquex den Anbau, die Verarbeitung und den Verkauf von Marihuana im grossen Stil als Kerngeschäft der Gruppe um den angeklagten Ex-Präsidenten. Cannabis sei für ihn „grünes Gold“ gewesen.

Nicht nur dahergeredet

Dass in über hundert abgehörten Gesprächen Hanf thematisiert worden sei, zeige klar, dass die Betroffenen dabei nicht „einfach so dahergeredet“ hätten. Unter anderem sollen drei von ihnen 2003 mindestens 600 Kilogramm rauchbaren Hanf aus dem Raum Aarberg BE geerntet, verarbeitet und teilweise verkauft haben.

Ihre Strafforderungen wird die Staatsanwältin erst am Mittwoch präsentieren. Neben den Marihuana-Geschäften wirf die BA einem Teil der Angeklagten Vorbereitungen für einen letztlich nicht ausgeführten Raubüberfall auf einen Protectas-Geldtransporter vor.

Urteil in zwei Wochen

Zudem sei die Entführung eines Mannes versucht worden, der etwas über den Verbleib der gestohlenen Harley-Davidson eines Klubkollegen gewusst habe. Nur an den Ex-Präsidenten richtet sich der Vorwurf der versuchten Erpressung eines Bordellbesitzers.

Das Urteil wird am 18. September verkündet werden. Die BA hatte 2010 ihren ursprünglichen Ermittlungsansatz fallen lassen, wonach es sich bei den Hells Angels Zürich um eine kriminelle Organisation handeln könnte. Sie erhob in der Folge nur Anklage gegen einzelne Exponenten des Klubs.

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