Bei der Stauanlage Punt dal Gall im Schweizerischen Nationalpark ist es am Samstag zu einem Zwischenfall bei den Engadiner Kraftwerken AG (EKW) mit gravierenden ökologischen Folgen gekommen: Tausende von Bachforellen und andere Wasserlebewesen verendeten im Schlamm.
Wie die Engadiner Kraftwerke, der Nationalpark, sowie das Amt für Jagd und Fischerei am Sonntag in einer gemeinsamen Medienmitteilung schreiben, ist im Bereich der Stauanlage Punt dal Gall aufgrund technischer Probleme die Restwasserversorgung lahmgelegt worden.
Die nachfolgende Erhöhung der Wassermenge führte zu einem hohen Schlammeintrag auf der Strecke zwischen Punt dal Gall und dem Ausgleichsbecken Ova Spin im Nationalpark. Durch die hohe Sedimentfracht wurde die Lebensgemeinschaft im Spöl weitgehend ausgelöscht, wie es in der Medienmitteilung weiter heisst.
Blockiertes Dotiersystem
Zum Unfall beigetragen haben dürfte der ausserordentlich tiefe Wasserstand im Staubecken Livigno. Der tiefe Wasserstand hatte zur Folge, dass im Bereich der beiden Zuflüsse Spöl und Aqua del Gallo die in Staumauernähe abgelagerten Feinsedimente mobilisiert wurden.
Diese Tatsache hat nach Ansicht der Fachleute vermutlich dazu geführt, dass eingetragener Schlamm das Dotiersystem blockierte. Da durch den Schlammeintrag offenbar auch die zugehörigen Überwachungssysteme ausfielen, konnte die rund um die Uhr besetzte Leitstelle der EKW diese Fehlfunktion nicht feststellen.
Das fehlende Wasser im Spöl wurde erst durch dort patrouillierende Parkwächter festgestellt, die Alarm schlugen. In der Folge musste die so genannte Grundablassschütze am Fuss der Staumauer partiell geöffnet werden, um den Fluss wieder mit Wasser zu versorgen.
Gravierende Folgen
Dies hatte allerdings den Effekt, dass eine unkontrollierbare Menge Schlamm in das Bachbett des Spöls unterhalb der Staumauer Punt dal Gall ausgetragen wurde, was für die Bachflora und -fauna im betroffenen Bachabschnitt gravierende Folgen hatte.
Nach ersten Erkenntnissen verendeten auf einer Strecke von etwa sechs Kilometern Tausende von Fischen, und die Bachsohle wurde auf derselben Strecke mit Schlamm zugedeckt.
Unabhängig vom geschilderten Unfall verendeten zusätzlich Tausende von Fischen, nachdem sie in Punt dal Gall in das Triebwassersystem gerieten und die Turbinen des Kraftwerks Ova Spin passierten.
Wieso diese Fische in das Triebwassersystem gerieten, ist noch nicht klar, wie es im Communiqué weiter heisst. Eine Quantifizierung des Schadens ist noch nicht möglich.
Als betriebliche Sofortmassnahme seitens der EKW wurde der Turbinenbetrieb in Ova Spin bis auf Weiteres eingestellt, so dass sich der Wasserspiegel im Staubecken Punt dal Gall erholen kann.
Die Engadiner Kraftwerke AG bedauern diesen Vorfall «ausserordentlich». Sie wollen «alles daran setzen, die Ursachen dieses Vorfalls aufzuklären und die Folgen möglichst rasch und unbürokratisch zu beseitigen».
Weitere Informationen sollen am Ostermontag an einer Medienkonferenz am EKW-Verwaltungssitz in Zernez erfolgen.