Kirchen, Klöster und ein famoser Nationaldrink. Ein paar Tage Zypern wecken die Lebensgeister.
Zypern, der Ostrand der Europäischen Union, ist etwas gar weit weg für einen Dreitagestrip. Aber bald kommen mit Ostern und Pfingsten die langen Wochenenden. Darum: rein in den Direktflug ab Basel und hin. Das Schöne daran: die Insel ist klein, was die Strecken kurz hält. Und dennoch gibt es alle paar Kilometer einen Grund, mit dem Auto kurz links ranzufahren (der Linksverkehr ist ein Relikt der Briten), um etwas anzuschauen.
Alle haben sie hier Gemäuer hinterlassen, die Griechen, die Römer, Byzantiner, Umayyaden, Kreuzritter, Mameluken, Osmanen und zuletzt die Britische Krone, die noch immer rund drei Prozent der Inselfläche für ihre Armeestützpunkte in Besitz hält (wir waren auch dort, ohne Erfolg, kehren Sie nur wieder um, es gibt nichts zu sehen). Wofür Zypern, zumindest in der Zwischensaison, eher wenig hergibt, ist der Städteurlaub. Mehrere Jahrzehnte Massentourismus haben einige Schandbauten an den Küsten hinterlassen, sodass man Limassol und Larnaka getrost umfahren kann.
Kirchenbauten so weit das Auge reicht – Zypern machts mögilch. (Bild: Andreas Schneitter)
Dazwischen gehts aber Schlag auf Schlag: Wenige Kilometer hinter Larnaka erblickt man an der Nordseite der Autobahn das Kloster Stavrovouni, hoch oben nahe bei Gott auf einer Felszinne gemauert. Das Kloster ist eines der ältesten der Christenheit, der Legende nach erbaut von Helena, der Mutter des Christenkaisers Konstantin, die dort auf dem Rückweg aus Jerusalem einen Splitter des Heiligen Kreuzes hinterlassen haben soll. Dort herrscht noch alte byzantinische Sitte: Fotografieren und Filmen verboten, Männer dürfen nur mit langen Hosen rein, Frauen ist der Zutritt ganz untersagt.
Hier herrschen alte byzantinische Sitte: Fotografieren und Filmen verboten, Männer dürfen nur mit langen Hosen rein, Frauen ist der Zutritt ganz untersagt. (Bild: Dickelbers / CC, Wikipedia)
Im Zentrum der Insel, im Troodos-Gebirge, stösst man auf knapp 2000 Metern bei ausgedehnten Wandergängen auf eine stillgelegte Chrommine und sogar auf ein kleines Skigebiet (Ausrüstung plus Tagespass für unschlagbare 17 Euro). Dort befinden sich auch die Unesco-zertifizierten zypriotischen Scheunendachkirchen. Von aussen rustikal anzusehen und wegen des nassen Wetters mit bis fast an den Boden gezogenen Schindeldächern versehen, entfaltet sich im Innern die ganze byzantinische Pracht.
Leuchtende Fresken, herrliche Malereien, güldene Ikonen. Thematisch ist die Bilderflut etwas eng gefasst, mit der Bibel als Kunstreiseführer kommt man gut durch. Ihr Farbenreichtum ist allerdings, vergleicht man sie mit unseren katholischen Bauten, überwältigend (von reformatorischer Innendekoration reden wir besser gar nicht).
Die Schöpfungsgeschichte als prachtvolles Wandgemälde in der Kykkos Kathedrale. (Bild: Andreas Schneitter)
Am Nordwestende des Troodos-Gebirges, nach knapp zwei Stunden Schlängelfahrt, folgt mit dem Kloster Kykkos schliesslich der gewaltige Abschluss. Ein Gigant von einem Bau, eine Trutzburg des Mönchtums, verborgen hinter zahllosen von Kiefern, Pinien und Zedern bewaldeten Hügeln. Das Kloster Kykkos ist das Herz der zypriotischen Orthodoxie und birgt, neben vielen Kelchen, Monstranzen und einem in seiner Opulenz wohl einzigartigen Wandgemälde zur Schöpfungsgeschichte, auch eine Marienikone, die der Evangelist Lukas höchstselbst geschaffen hat. Wir glauben es sofort.
Fast wie in den Schweizer Bergen: Der Blick vom Troodos-Gebirge. (Bild: Andreas Schneitter)
Von Kykkos aus gibt es zwei Richtungen zur Weiterfahrt: zurück nach Süden ans Meer, beispielsweise an den malerischen Felsstrand, an dem der Sage nach die schaumgeborene Aphrodite die Küste betreten haben soll, oder via Landeszentrum nach Norden in den türkischen Teil der Insel.
Malerischer als die Touristenhochburgen: der Aphrodite Strand. (Bild: Andreas Schneitter)
Wir tun Letzteres. Und überschreiten die Grenze in Nikosia, der letzten geteilten Hauptstadt der Welt. Mitten in der Altstadt durchzieht seit 40 Jahren ein verlassener Sperrgürtel die kleinen Häuser, man kriegt einen Stempel in den Pass von einer Republik, die abgesehen von der Türkei von keinem anderen Staat der Welt anerkannt wird, und drüben ist man in einem muslimischen Land.
Einst die Sophienkathedrale, heute eine Moschee. (Bild: Andreas Schneitter)
Aus den gotischen Kathedralen wurden zu osmanischer Zeit Moscheen, anstatt Bars mit dem Nationaldrink Brandy Sour findet man eine Karawanserei mit Ayran und Wasserpfeife, und an der Nordküste endet man nach der imposanten Kreuzritterruine St. Hilarion und massenhaft militärischer Präsenzmarkierung der Zyperntürken im Städtchen Girne. Schöne Hafenbucht, Segelschiffe, Fischgerichte, Festungsmauern. Und, im Unterschied zum griechischen Landesteil, massenhaft Casinos. Mehr passt nicht in ein Wochenende, auch nicht in ein verlängertes.
- Ausfliegen: Quasi in alle vier Himmelsrichtungen. Geschichte, Wandern und Radeln, ab und zu auch ganz malerische Strände.
- Aufsteigen: Die Kreuzfahrerruine St. Hilarion im Nordteil. Ein zäher Spaziergang durch eine Riesenruine, die einst «Schloss der 1000 Gemächer» genannt wurde. Wir wissen warum – bis man zuoberst ist, spürt man die Knie. Aussicht allerdings unschlagbar.
- Anstossen: Brandy Sour, der Nationaldrink (zumindest im Süden). Brandy, Zitronensaft, ein paar Tropfen Bitterlikör – und eine schöne Geschichte: Faruk, König von Ägypten, zog sich in den 1930er-Jahren gerne auf die Insel zurück – nicht zuletzt wegen des Drinks, der äusserlich von harmlosem Eistee nicht zu unterscheiden ist und den sich auch ein muslimischer Herrscher ohne skeptische Blicke gönnen darf. Hat auch etwa dieselbe Schüttigkeit. Ehrenwort.