Architektur-Spaziergang des Grauens durch die Region in Bildern

Architektonische Schauerlichkeiten können ganz schön reizvoll sein: Das beweist der prächtig aufgemachte Fotoband «Völlig losgelöst» des Basler Fotografen Christian Flierl, der sich in der Region auf die Suche nach typischen Beispielen des postmodernen Bauens aus den 1970er- und 1980er-Jahre gemacht hat.

Biozentrum der Universität Basel, Klingelbergstrasse 70, Basel, 1968–71 (Bild: Christian Flierl)

Geschäftshaus, «Haus zum Sodeck», Freie Strasse 74, Basel, 1977–78

(Bild: Christian Flierl)


Post 2, Postpassage 9, Basel, 1972 – 80 (Bild: Christian Flierl)

Fernheizwerk Gundeldingen, Basel, 1979 – 82 (Bild: Christian Flierl)

Wohnüberbauung, St. Johanns-Parkweg 9 –13, Basel, 1983 – 86 (Bild: Christian Flierl)

Verwaltungsgebäude, Aeschenplatz 6, Basel, 1982–89 (Bild: Christian Flierl)

Wohnhaus, Unterer Rheinweg 18, Basel, 1977–80 (Bild: Christian Flierl)

Wohnhaus, Bahnhofstrasse 60, Muttenz, 1982–84 (Bild: Christian Flierl)

Wohnhaus, Steinbühlweg 21, Allschwil, 1983 –84 (Bild: Christian Flierl)

Wohnüberbauung Telli, Aarau, 1971– 91 (Bild: Christian Flierl)

Einkaufszentrum Neumarkt 1, Brugg, 1972 –76 (Bild: Christian Flierl)

Kantonsschule, Hardfeldstrasse 53, Olten, 1968 –74 (Bild: Christian Flierl)

Geschäftshaus, Rue de Mulhouse 36, St. Louis/F, 1980 (Bild: Christian Flierl)

(Bild: Christian Flierl)

Dass die 1970er- und 1980er-Jahre als Zeitalter des schlechten Geschmacks bezeichnet werden, ist durchaus nachvollziehbar. Interieurs in Orange, Schlaghosen und Plateauschuhe, ausladende Schulterpolster und toupierte Haare sind nur ein paar Beispiele unter vielen, die das belegen.

Während diese Scheusslichkeiten allenfalls noch in Nostalgiekreisen gepflegt werden, sind die Bauten aus dieser Zeit noch immer präsent: das rostrote Plättchenfassadengeschwür des Capitol-Baus in der Steinenvorstadt zum Beispiel, das Material- und Formenschlachtgebilde des Sodeck-Hauses an der Freien Strasse oder die verzettelte Treppenarchitektur des Alterszentrums am Weiherweg.

Bauten wieder in Erinnerung gerufen

Der Basler Fotograf Christian Flierl ruft nun diese Bauten, die man aus Selbstschutz aus dem Stadt- oder Regiobild mehr oder weniger ausgeblendet hat, mit grossformatigen Bildern wieder in Erinnerung. Und beim Bättern in seinem Fotoband «Völlig losgelöst. Architektur der 1970er- und 1980er-Jahre in der Nordwestschweiz und den grenznahen Regionen» offenbart sich das Paradoxum, dass grosse Scheusslichkeiten durchaus ihren Reiz haben können.

Das gilt allen voran für das zwölfstöckige Wohnhaus an der Bahnhofstrasse in Muttenz, das wohl jedem Zugreisenden bekannt sein dürfte: Mit seinem verschachtelten Aufbau, seiner dreckig-blassgelben Fassade und den lindgrünen Fensterumrahmungen erinnert dieses Haus an Bauten, wie sie vor dem Mauerfall in Osteuropa entstanden sind.

Das prächtig aufgemachte Buch ist aber mehr als ein Sammelband mit reizvollen Scheusslichkeiten. Es ist zugleich ein subjektives Zeitdokument für eine Architekturepoche, die bislang eher stiefmütterlich rezipiert wurde.

_
«Völlig losgelöst. Architektur der 1970er- und 1980er-Jahre in der Nordwestschweiz und den grenznahen Regionen». Herausgegeben und mit Fotografien von Christian Flierl sowie mit Textbeiträgen von Ulrike Jehle-Schulte Strathaus und Roger Ehret. Park Books, Zürich, 152 Seiten, CHF 44.00.

Nächster Artikel