Fotowettbewerb: Prämierte Einblicke in die Forschung

Die Sieger aus dem ersten Wissenschafts-Bildwettbewerb des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) stehen fest: Die Jury hat fünfzehn Beiträge prämiert, die Aspekte der Forschung aus einem künstlerischen Blickwinkel zeigen.

Wissenschaftler bei der Arbeit – Siegerbild Kategorie «Die Frauen und Männer der Wissenschaft».

Eine Mikrobiologin hantiert mit Flüssigstickstoff. Diese Substanz kommt in zahlreichen biologischen Experimenten zum Einsatz, beispielsweise zum Einfrieren von Zellproben.

Kommentar der Jury: Das Foto beeindruckt durch seine Ästhetik. Gleichzeitig scheint es aus der Zeit gefallen zu sein. Der Betrachter fragt sich daher leicht verunsichert, um welche Art von Wissenschaft es hier geht. Was für den Wissenschaftler vermutlich ganz alltäglich ist, kann für den Laien eine vollkommen andere Bedeutung haben. Das Bild zieht den Betrachter in seinen Bann, da die Forscherin mitten in ihrer Bewegung erstarrt zu sein scheint. Ausserdem stellt es das Klischee in Frage, dass körperlich anspruchsvolle Forschungsarbeit Männersache sei.

 


Kühlblock – Siegerbild Kategorie «Die Orte und Werkzeuge».

Ein kleiner Block, der zur Kühlung von Reagenzgläsern mit biologischen Proben dient und in regelmässigen Abständen Löcher zur Aufnahme der Gläser aufweist. «Ich habe ganz gewöhnliche Gegenstände, die täglich im Labor benutzt werden, fotografiert und ihre Struktur durch die Wahl einer ungewöhnlichen Dimension in Szene gesetzt», schreibt die Genetikerin.

Kommentar der Jury: Die Wissenschaftlerin nimmt den abgebildeten Gegenstand aus seinem normalen Kontext – eine bekannte Strategie in der zeitgenössischen Kunst. So wird das simple Laborgerät zu einem ästhetischen Statement.


Und jetzts gehts zu den gewürdigten Bildern!

What Came First, Autonomy or Localisation? – Distinction Category «Object of study»

This drone is controlled by algorithms that enable it to fly autonomously. «The hand represents the human component, responsible for creating the algorithms and breathing life into the machine, which is represented implicitly by the space between the hand and the quadcopter», said the researcher.

Jury comment: The research and development involved in manufacturing such an elaborate piece of technology can be felt by the scientist as an act of creation.


Photometry at the Top of the Tropical Rainforest – Distinction Category „Men and women of science“.

The researcher took this selfie using a 360-degree fisheye lens at a height of 50 metres in the Lambir Hills National Park on the island of Borneo in Malaysia. Lifted by a crane, the cabin allows the geographer to study the interaction between the light and the leaves in the canopy, in other words amidst the treetops.

Jury comment: „Welcome to my lab!“, this researcher seems to say. We are invited to join him in a spontaneous conversation and share a moment of his daily routine. This selfie – an accidental 21st century version of a 16th century painting of a self-portrait in a mirror? – is less about the researcher himself than his passion for his work, the environment of his study and the way he would like to share it.


Antarctic Glacier Sample – Distinction Category «Object of study».

This slice of ice, taken from the Taylor Glacier in Antarctica, contains air bubbles that have been trapped for thousands of years, providing crucial information for replicating the climate in the past and predicting that of the future.

Jury comment: Is the scientist reading the past through an ice slate or is the latter telling him about his future on our planet?


Inattention – Distinction Category „Locations and instruments“.

This form is used in the emergency department to detect attention disorders, which are quite obvious in the case of this patient who is struggling to correctly count the months of the year backwards.

Jury comment: How to measure the immeasurable? This image captures the poignant moment when a mental illness is diagnosed.


String Game – Distinction Category „Locations and instruments“.

This construction, photographed in the Kirstenbosch National Botanical Garden in Cape Town, South Africa, is intended to protect the plants from Egyptian goose intrusion. This researcher in the history of botany wonders: „What story does this string figure tell?“ She sees in it both a geometric string game and a message.

Jury comment: This delicate installation is of practical use and could easily be seen as land art. The difference between art and science can sometimes be very subtle.


Memory in Post-War Peru – Distinction Category «Object of study».

The three seated women are mothers of people who went missing during the armed conflict in Peru between 1980 and 2000. They are waiting to see the corpses of those buried in a common grave. The panel consists of a traditional mourning cloth to which photographs of the missing people are pinned. «I am studying how people deal with the consequences of violence and mourning», said the ethnologist. «These women explained that with these portraits they are giving a voice to those no longer there.»

Jury comment: Every day life isn’t only inhabited by those who live but also by all those who have disappeared, as this image perfectly illustrates.

(Bild: SNF-Wettbewerb für wissenschaftliche Bilder / Martha-Cecilia Dietrich, Scientific Officer, University of Bern)


The Institute of Sonic Epistemologies – Distinction Category „Locations and instruments“.

Microphones placed inside the model’s ears are used to make a binaural recording, capable of recreating the direction from which the sounds originally came and hence creating a very strong sense of reality. These art researchers used the technique to create a radio play, called „The Institute of Sonic Epistemologies“, which explores unusual acoustic compositions.

Jury comment: Whether seen from a scientific point of view or an artistic one, this image is not silent. Transcribing sound into image is a challenge in both fields, art and science.

Von futuristisch über abstrakt bis mystisch: Die 15 prämierten Beiträge aus dem SNF-Wettbewerb vermitteln einen ungewohnten und faszinierenden Einblick in die Welt der Forschung. Eine international besetzte Jury hat im Februar vier Siegerbeiträge ausgewählt sowie elf weitere lobend erwähnt, teilte der SNF mit. (Weg mit der Theorie, hier gehts direkt zu den Bildern.)

«Die eingereichten Bilder dokumentieren die faszinierende Vielfalt der wissenschaftlichen Forschung», erklärte der Vorsitzende der Jury, Pascal Hufschmid vom Musée de l’Elysée in Lausanne, gemäss der Mitteilung. «Die ausgewählten Werke stammen aus unterschiedlichen Bereichen und laden den Betrachter ein, die Geschichte, die sie suggerieren, zu Ende zu denken.»

Welle, Wolken, Werkzeug

Die Siegerbeiträge der vier Kategorien stammen von Forschenden der ETH Zürich, der Forschungsanstalten Eawag und WSL sowie der Universität Genf. Das Siegerfoto in der Kategorie «Das Forschungsobjekt» zeigt beispielsweise hochspritzendes, weiss gefärbtes Wasser, auf das ein Gittermuster projiziert wurde. ETH-Doktorand Frederic Evers montierte sein Bild «Spatial Impulse Wave» aus zwei Aufnahmen eines hydraulischen Experiments.

In der Kategorie «Die Frauen und Männer der Wissenschaft» gewann Jürg Sigrist von der Eawag mit seinem Bild einer Biologin, die mit Schutzmaske und Handschuhen über Flüssigstickstoff gebeugt von wabernden Dampfwolken eingehüllt ist. Mit ihrem Foto eines mit Raureif überzogenen Kühlblocks für Probengefässe, der wie ein UFO vor schwarzem Hintergrund schwebt, siegte die Doktorandin Madlaina Boillat von der Uni Genf in der Kategorie «Die Orte und Werkzeuge».

Wie ein witziger Stummfilm

Unter den 60 eingereichten Videos konnte sich ein Beitrag von Jan Wunder, Marco Conedera und Simon Knüsel von der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) durchsetzen. In der kurzen Videosequenz ist eine Granitkugel zu sehen, die gegen einen Baumstamm prallt. «Wäre da nicht der wissenschaftliche Kontext dieses Videos, könnte man glatt glauben, es handle sich um einen witzigen Stummfilm aus den Anfängen des Kinos», kommentierte die Jury.

Tatsächlich hat das Experiment einen ernsthaften Hintergrund: Mit der 56 Kilo schweren Kugel, die mit 50 Kilometern pro Stunde und über ein Gefälle von 30 Grad gegen einen Götterbaum knallt, testeten die Forscher, welchen Einfluss die aus China eingeschleppte Baumart auf die Schutzfunktion von Schweizer Wäldern gegen Naturgewalten hat.

Engagierte Nachwuchsforschende

Acht der insgesamt 15 prämierten Beiträge stammen von Doktorandinnen und Doktoranden, betonte der SNF in seiner Mitteilung. «Das ist ein wunderbarer Beweis für das Engagement der Nachwuchsforschenden und für ihren Wunsch, ihre Welt und ihre Leidenschaft mit anderen zu teilen», sagte Matthias Egger, Vorsitzender des Forschungsrates des SNF.

Die Aufnahmen sind auf der Website des SNF sowie vom 5. bis 28. Mai im Rahmen einer Ausstellung an den Bieler Fototagen zu sehen, wie der Nationalfonds mitteilte. Die Preisverleihung wird am 10. Mai ebenfalls in Biel stattfinden. Der erste Platz in den vier Kategorien ist mit einem Preisgeld von jeweils 2000 Franken dotiert.

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