Fotografie abseits von Steppenromantik und Gebirgsidylle ist in Kasachstan nicht gern gesehen. Visuelle Abweichungen geraten schnell in den Verdacht schlechten Geschmacks und politischer Agitation – gerade nun vor den Wahlen.
Kasachstan wählt am 26. April, doch der Sieger steht eigentlich schon fest: Präsident Nursultan Nasarbajew ist bei den vergangenen Wahlen 2011 mit über 90 Prozent gewählt worden, dieses Mal dürfte es kaum anders ausfallen. Der Herrscher kontrolliert gerne und bestimmt auch das Image, das vom Land transportiert wird – auch auf Bildebene. Ein Jahr lang lebte Fotograf Nils Bröer in Kasachstan. Ihn erstaunte, wie schnell Fotografien dort als Nestbeschmutzung wahrgenommen werden, wie er erzählt:
«Trotz immenser Rohstoffvorkommen und wachsendem Wohlstand ist es Kasachstan 24 Jahre nach der Unabhängigkeit noch nicht gelungen, sich aus den Fesseln der Vergangenheit zu befreien. Gefangen zwischen Sowjetnostalgie und Turbokapitalismus sucht die junge Nation nach ihrem Platz in der Welt. Im System des Präsidenten Nursultan Nasarbajew ist dabei wenig Platz für Kritik.
Einschränkungen gibt es auch bei der Darstellung des Landes nach aussen. Bilder von Hinterhöfen, grauen Vorstädten und jenen, die im Strudel der rasanten Veränderungen auf der Strecke bleiben, sollen unter dem Kitt von Kitsch und Harmonie verschwinden. Die Regierung blockiert Blogs von ausländischen Fotojournalisten und stellt ihnen bei Recherchen einen ‹Schatten› zur Seite. Dieser greift zwar nicht ins Geschehen ein, aber äussert seinen Unmut in geschliffenem Englisch, wenn der Weg abseits der Hauptstrassen in die Hinterhöfe führt.
Die Frage, warum man seine Kamera auf die Widersprüche richtet, die die Transformation vom sowjetischen Satellitenstaat hin zur modernen Industrienation produziert, wird Fotografen in Kasachstan ständig gestellt. Genauso häufig kommt der Vorwurf, man schade dadurch dem Ansehen der Nation im Ausland. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Dringende Fragen werden nicht gelöst, wenn man sie im Unsichtbaren lässt.»
Wir zeigen aus aktuellem Anlass die «unbequemen Bilder» von Nils Bröer: