Einen Tag nach der Atomkatastrophe von Fukushima 2011 wurde in Deutschland der Atomausstieg beschlossen. Seitdem hält die Bundesrepublik eine Vorreiterrolle inne, was die Erzeugung von vermeintlich sauberem Strom betrifft. Das Bild trügt jedoch gewaltig.
Deutschland ist nach wie vor der grösste Braunkohleproduzent der Welt, noch weit vor China und den USA. Vor allem wurde jedoch in Deutschland noch nie so viel Braunkohle abgebaut wie heute. 2013 wurden über die Braunkohle mehr als 162 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt.
Braunkohle ist das schwarze Gold des 21. Jahrhunderts und nach Erdöl der zweitwichtigste Energieträger. Man könnte eigentlich meinen, die Kohle sei am Ende – aber die Realität sieht anders aus: Heutzutage wird in Deutschland so viel Braunkohle wie seit 25 Jahren nicht mehr abgebaut. Ein Ende ist kaum abzusehen. So ist nun die Rede von einer Renaissance des Braunkohleabbaus.
Orte müssen dem Abbau weichen
In Deutschland gibt es drei Kohlereviere. Eines davon liegt in der Lausitz. Dort wird 33 Prozent der deutschen Braunkohle gefördert. Dazu gehören die aktiven Braunkohleabbaugebiete Welzow Süd, Jänschwalde, Reichwalde, Cottbus Nord und Nochten. Die Jahresförderung im Lausitzer Revier betrug 2013 knapp 64 Millionen Tonnen Kohle.
Zu DDR Zeiten baute die Lausitzer Braunkohle AG (kurz LAUBAG) die Braunkohle ab. Nach der Wende übernahm der schwedische Konzern Vattenfall die Nachfolge. Etwa 30’000 Menschen mussten dem Tagebau bislang weichen, denn seit 1924 sind in der Region 136 Orte der Kohle zum Opfer gefallen.
Weitere Ortschaften sollen folgen, denn nun drohen neue Tagebauerschliessungen. Der schwedische Energiekonzern Vattenfall plant Erweiterungen in Ostdeutschland: Welzow-Süd, Proschim, Atterwasch, Kerkwitz, Grabko, Rohne, Mulkwitz, Mühlrose und Teile von Schleife sollen demnach abgebaggert werden. Rund 3400 Menschen würden dadurch ihre Heimat verlieren. Geplant ist die Förderung von insgesamt ca. 755 Millionen Tonnen Kohle.
Exportkohle für Deutschland
Der Energiekonzern Vattenfall weist im Zuge der Beantragung von neuen Tagebaustandorten nur allzu gerne darauf hin, dass die Kohle nötig ist, um Deutschland mit genügend Strom zu versorgen. Dabei wird 80 Prozent davon exportiert (60 Prozent in Form von Strom, 20 Prozent in Form von Kohlebriketts).
Die Folgen des Tagebaus sind, abgesehen von den Umsiedlungen der Menschen, die ihrer Heimat beraubt werden würden, gravierend. Landschaften werden unwiederbringlich zerstört. Die Renaturierung, also der Versuch der Wiederherstellung der ursprünglichen Landschaften, führt in der Regel zur Entstehung von wertlosen Monokulturen mit eintöniger Vegetation und sauren Seen mit metallhaltiger Belastung.
Durch die Entwässerung, die notwendig ist, um die Braunkohle überhaupt fördern zu können, wird das Grundwasser massiv gesenkt. Und zwar nicht nur in den Ortschaften, die dem Tagebau zum Opfer fallen würden. Die Natur erleidet dadurch erhebliche Schäden. Schützenswerte Gewässer und Feuchtbiotope werden zerstört, die Grundwasservorräte gehen dauerhaft verloren. Der Feinstaub und das ausgestossene C02 verschmutzen die Umwelt massiv – mit unkalkulierbaren Folgen für Mensch und Natur.