Das Gelände der Eurocompost in Orta di Atella, die Anlage wurde von der europäischen Union kofinanziert, dort wurde zur Herstellung von Düngemitteln Giftmüll verwendet. Das Düngemittel wurde dann preisgünstig an die Bauern verkauft.
(Bild: Isabell Zipfel)
Marzia, 40 Jahre alt, aus Casalnuovo di Napoli. Sie ist mit ihrer Familie aus Neapel dorthin gezogen, weil sie in einem Ort mit besserer Luft leben wollte. Ihr Sohn Antonio starb im Alter von 9 Jahren an Krebs. Seitdem ist sie Aktivistin bei «Noi genitori di tutti», einem Verein, der aus Vätern und Müttern besteht, die ihre Kinder aufgrund eines Krebsleidens verloren haben.
(Bild: Isabell Zipfel)
In der Kirche San Paolo Apostolo in Caivano. Hier schlägt das Herz des Widerstands. Pfarrer Don Maurizio Patriciello hat mit seinen Mitstreitern in der Gemeinde dem Biocidio, dem Biomord, den Kampf angesagt.
(Bild: Isabell Zipfel)
Vor einem Roma-Camp in der Nähe von Caivano. Hier wurde systematisch Giftmüll verbrannt. Als Handlanger wurden Roma rekrutiert.
(Bild: Isabell Zipfel)
Eigentlich ist es verboten, hier zu leben, aber die Roma wurden hierher verfrachtet, auf das Gelände der ehemaligen Mülldeponie «Resit», der grössten Mülldeponie Europas.
(Bild: Isabell Zipfel)
Francesco aus Caivano, ein Aktivist, seit Jahren setzt er sich dafür ein, dass dem Biocidio, dem Biomord, ein Ende gesetzt wird.
(Bild: Isabell Zipfel)
Caivano, ein kleiner Ort in der Nähe von Casal di Principe, wo sich der Hauptsitz des Clans der Casalesi befindet, der Hauptverantwortlichen für die Verseuchung grosser Teile Kampaniens.
(Bild: Isabell Zipfel)
Für das Jahr 2064 – also dann, wenn das Sickerwasser aller Voraussicht nach ins Grundwasser eindringen wird – sagen Wissenschaftler ein nahezu apokalyptisches Szenario voraus, und zwar für die gesamte Region in einem Umkreis von 20 Kilometern. Ab 2064 würde die Gegend unbewohnbar sein, denn dann würde das gesamte Gebiet komplett verseucht sein.
(Bild: Isabell Zipfel)
Antonio war 9 Jahre alt, als er 2013 an Krebs starb.
(Bild: Isabell Zipfel)
Abgekippter Asbest in Orta di Atella, einem kleinen Ort im sogenannten Dreieck des Todes.
(Bild: Isabell Zipfel)
Regi Lagni, ein Kanalsystem, wo man früher baden konnte. Die Kanäle, die durch viele Gemeinden Neapels fliessen, sind jahrelang als Müllentsorgungsanlage missbraucht worden. Nun ist das gesamte Kanalysystem verseucht.
(Bild: Isabell Zipfel)
Giovanni, Aktivist der «Associazione E.C.O. della fascia costiera» aus Giugliano. Seit Jahren setzt er sich zusammen mit seiner Frau ein im Kampf gegen die Müllmafia.
(Bild: Isabell Zipfel)
Gespenstische Szene: Schaufensterpuppe in einem kleinen Laden in Caivano.
(Bild: Isabell Zipfel)
Centro Campania ist ein Shoppingcenter, das zwischen Caserta und Marcianise gelegen ist. Es ist eines der grössten Europas. Es wurde auf Giftmüll gebaut.
(Bild: Isabell Zipfel)
Noch ein verseuchter Bau: Die Hochgeschwindigkeitsbahn, die Rom und Neapel verbindet, ist auf Giftmüll aufgebaut worden.
(Bild: Isabell Zipfel)
Vor Jahrzehnten war es die fruchtbarste Gegend in Kampanien, der Gemüsegarten Europas. Die Römer gaben der Region den Namen «Campania Felix» – glückliches oder eben fruchtbares Kampanien. Während Jahrhunderten war es als Erholungsgebiet äusserst beliebt.
«Feuerland» oder «Dreieck des Todes», so heisst die Gegend nördlich von Neapel und südlich von Caserta nun. Denn seit Ende der 1980er-Jahre wurde Giftmüll aus ganz Europa hierher gekarrt. Verscharrt. Unter freiem Himmel liegen gelassen.
28 Millionen Tonnen – so viel Giftmüll soll gemäss polizeilichen Ermittlungen hier unter Gemüsefeldern, in Steinbrüchen und auf freien Landflächen liegen. Schätzungsweise, genau weiss es niemand. Sicher ist: Ein Teil des Giftmülls wurde vorzugsweise mit Zement oder Beton vermischt und systematisch beim Bau von Gebäuden, Autobahnen, Schnellstrassen und Bahntrassen eingesetzt.
Industrieunternehmen aus Norditalien und ganz Europa wandten sich an die Camorra, um die hohen Entsorgungskosten für den Sondermüll zu umgehen. Die bot die Entsorgung nämlich zu einem extrem günstigen Preis an. Dioxin, Arsen, sogar Uran kippte die Mafia übers Land.
Drei Millionen Menschen leben im Dreieck des Todes
Im «Dreieck des Todes» leben rund drei Millionen Menschen. Viele sind dorthin gezogen, weil sie auf der Suche waren nach einem Ort mit guter Luft und guten Lebensbedingungen für sich und ihre Familien. Gefunden haben sie stattdessen illegal entsorgten hochgiftigen Industriemüll. Und laut einer in «The Lancet» veröffentlichten Studie liegt die Krebsrate in der Region weit über dem nationalen Durchschnitt.
Im «Dreieck des Todes» erkranken nicht nur seit Jahren überdurchschnittlich viele Menschen an Krebs – die Tendenz ist auch weiter steigend. Die Tumorerkrankungen haben sich in den letzten Jahren sogar mehr als verdreifacht. Die Bewohner der Region erkranken an Krebsarten, die sonst nur dort auftreten, wo sich viel Industrie angesiedelt hat – nur gibt es hier im Hinterland von Neapel fast gar keine Industrie. Auch die Unfruchtbarkeitsrate und die Anzahl der angeborenen Missbildungen ist überdurchschnittlich hoch.
Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen haben auf einen direkten Zusammenhang zwischen steigenden Krebserkrankungen, angeborenen Missbildungen sowie einer stetig wachsenden Unfruchtbarkeitsrate einerseits und andererseits der extrem hohen Konzentration von Dioxinen, Uran, Schwermetallen und anderen gefährlichen Stoffen hingewiesen.
Nicht einmal die Truppen der US-Navy, die hier einen der grössten Stützpunkte in Südeuropa betreibt, bleiben verschont. Die Amerikaner gaben eine Studie in Auftrag und das Leben im «Feuerland» entpuppte sich als gesundheitsgefährdend für die US-Militärs. Mehr als 5000 verseuchte oder verdächtige Orte machten sie aus. Die Soldaten wurden davor gewarnt, das Wasser zu trinken oder sich damit die Zähne zu putzen.
Apokalyptisch wird es 2064
Als für eine geologische Studie der Kontaminierungsgrad in der ehemaligen Mülldeponie «Resit» in Giugliano gemessen wurde, wo hochgiftiger Industrieschlamm entsorgt worden war, kamen die Wissenschaftler zu einem erschreckenden Ergebnis.
Für das Jahr 2064, wenn das Sickerwasser aller Voraussicht nach ins Grundwasser eindringen wird, sagen sie ein nahezu apokalyptisches Szenario voraus – und zwar für die gesamte Region in einem Umkreis von 20 Kilometern. Ab 2064 würde die Gegend unbewohnbar sein, so die Prognose, denn dann würde das gesamte Gebiet komplett verseucht sein. Die erschreckenden Ergebnisse dieser Studie sind auf viele andere Orte im Umkreis von Neapel und Caserta übertragbar, man würde höchstwahrscheinlich überall zu denselben Untersuchungsergebnissen kommen: Die Bewohner dort leben auf einer tickenden Bombe.
Das Problem der illegalen Giftmüllentsorgung ist nicht regional oder zumindest auf Italien begrenzt. Ein Teil der Giftstoffe, die von den Industrien des Nordens in Kampanien verscharrt wurden, kehren in Form von belasteten Lebensmitteln wieder in den Norden zurück. Denn die «Campania Felix» zählt noch immer zu den wichtigsten Obst- und Gemüselieferanten Italiens: Die Produkte, die hier wachsen, werden von den grossen Supermarktketten in ganz Europa vertrieben.