«Big Brother» und wir

Das Datenschutzgesetz ist machtlos gegen Verstösse gegen das Persönlichkeitsrecht – am besten schützt man sich selbst.

Das Datenschutzgesetz ist machtlos gegen Verstösse gegen das Persönlichkeitsrecht – am besten schützt man sich selbst.

Die grösste Gefahr für uns sind wir selbst. Das gilt für den Strassenverkehr oder den Freizeitsport. Und besonders für den Umgang mit persönlichen Daten.

Hier verhalten wir uns paradox. Alarmiert durch den US-Abhörskandal und neue Pläne des Bundes, die Überwachung von Handys und Computern auszuweiten, fürchten wir uns vor staatlichen Lauschangriffen. Gemäss einer Comparis-Studie will nun jeder vierte Schweizer sein Online-Verhalten ändern.

Gleichzeitig gaben wir noch nie freiwillig so viele Daten über uns preis wie heute: beim Online-Shopping, beim Bezahlen mit Kredit- und Kundenkarten, in sozialen Netzwerken. Es ist ein Leichtes, aus all diesen Daten Pro­file zu erstellen, die nicht nur Auskunft über das Einkommen, das Kaufverhalten oder die Haushaltsgrösse geben, sondern sogar Rückschlüsse auf unsere Gesundheit zulassen.

Wir riskieren nicht nur, Datenschutzopfer zu werden – manchmal werden wir selber zu Tätern.

Doch wir riskieren nicht nur, Datenschutzopfer zu werden. Manchmal werden wir selber zu Tätern und bewegen uns rechtlich im Graubereich. Zum Beispiel, wenn wir Bilder von flüchtigen Bekannten auf Facebook mit Namen posten oder ungefragt Flanierende am Rheinbord fotografieren.

Gefahren bergen auch die Tücken der Technik, wenn etwa Datenbanken fehlerhaft verknüpft werden. Oder wenn es bei der Datenverarbeitung zu Pannen kommt wie bei der AHV. Schätzungen der Zentralen Ausgleichsstelle des Bundes zufolge teilen sich in einigen Tausend Fällen zwei Personen die gleiche 13-stellige Versichertennummer – was unangenehme Folgen haben kann.

Peter Sennhauser hat sich mit solchen Datenschutzfragen auseinandergesetzt. Sein Fazit: Das Datenschutzgesetz genügt den heutigen Anforderungen nicht mehr. Es trat vor genau 20 Jahren unter dem Eindruck der «Fichen­affäre» in Kraft – als die digitale Revolution noch in den Kinderschuhen war. Bei der Verfolgung von Rechtsverletzungen bietet es heute wenig Handhabe.

Der Bund will nun die rechtlichen Lücken schliessen. Es ist höchste Zeit dafür.

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Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 05.07.13

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