Hundert Jahre nach dem Basler Friedenskongress suchen Politiker und Konfliktforscher noch immer nach friedlichen Lösungen.
Bilder des Zerfalls, des Krieges und des Todes: In dieser Ausgabe muten wir Ihnen schweren Stoff zu, liebe Leserin, lieber Leser. Illustrationen, deren Ästhetik uns in den Bann zieht, deren Inhalt uns zugleich schaudern lässt. Veröffentlicht wurden sie in den Jahren 1912 und 1913 – auf dem Cover der Satirezeitschrift «Simplicissimus».
Welch dumpfe Ängste, welch düstere Vorahnungen mussten die Menschen vor dem Ersten Weltkrieg beschlichen haben. Mit den Balkankriegen (1912/13) hatten sich die Spannungen zwischen den Grossmächten verschärft. Die Staaten rüsteten auf, der diplomatische Ton wurde rauer. Es war die Zeit, in der die Friedensbewegung zum Massenphänomen heranwuchs – angetrieben durch die Arbeiterbewegung, die sich seit Ende des 19. Jahrhunderts erfolgreich vernetzte und in ganz Europa Friedensdemonstrationen organisierte.
Auch in Basel. Vor 100 Jahren, am 24. November 1912, trafen sich im Münster über 500 Delegierte aus 23 Ländern zum ausserordentlichen Kongress der «Zweiten Internationale». Berühmte Redner wie Jean Jaurès oder Victor Adler riefen zum «Krieg» gegen den Krieg auf, und am Basler Friedensmarsch beteiligten sich über 10 000 Menschen.
Vor einem Weltkrieg fürchtet sich heute niemand mehr. Die Themen des Friedenskongresses von 1912 sind aber wieder hochaktuell. Im schuldengeplagten Europa nehmen die sozialen Spannungen zu, das Friedensprojekt EU ist ins Wanken geraten, und die Gräben zwischen der westlichen und der islamischen Welt werden immer tiefer.
«Auch wenn wir das friedliche Europa geniessen», bringt es der Freiburger Historiker Wolfram Wette in unserer Titelgeschichte auf den Punkt, «auch wenn wir schon drei Generationen haben, die ohne Krieg aufgewachsen sind, dürfen wir nicht die Augen vor den Ereignissen hinter der EU-Grenze verschliessen.»
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 16.11.12